Multiskalige Materialdatenbank für die Mikroelektronik

Projekt

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme zweier freistehender Balken zur Bestimmung des Wärmeausdehnungskoeffizienten und des Elastizitätsmoduls. Die Metallisierungsebenen (M1–M5) des BEoL wurden mit einem fokussierten Ionenstrahl (FIB) freigelegt.

Die Mikroelektronikindustrie verfolgt seit Jahrzehnten die Strategie der Verkleinerung mikroelektronischer Bauteile zur Erhöhung der Packungsdichte und Effizienzsteigerung moderner Mikroprozessoren. Als Leitgröße gilt dabei »Moores Law«, wonach sich die Kosten pro Transistor im Zwei-Jahres-Rhythmus halbieren. Diese ökonomische Gesetzmäßigkeit ist durch physikalische Limitierungen nicht länger einzuhalten, so dass neue Ansätze wie »More-than-Moore« nötig werden. Diese Konzepte beschreiben die Integration weiterer mikroelektronischer Bauelemente durch Stapelung von Siliziumchips (3D integrated circuits – 3DIC). Durch diese 3D-Integration werden zusätzliche thermomechanische Spannungen durch unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten der beteiligten Materialien eingebracht. Um den Betrieb und die Zuverlässigkeit solcher 3DICs zu gewährleisten, sind Simulationen mit genauen Kenntnissen bezüglich Wärmeausdehnung, Elastizitätsmodul und Querkontraktion erforderlich. Diese Materialeigenschaften können mit herkömmlichen Methoden nicht für alle Bereiche eines 3DIC ermittelt werden. Zudem unterscheiden sich die Bauteilabmessungen innerhalb eines 3DIC um mehrere Größenordnungen, was die Modellierung eines kompletten 3DIC zu aufwändig macht. Eine Möglichkeit dieses  Problem zu lösen besteht darin, einzelne Bereiche eines 3DIC zu vereinfachen, für diese Bereiche gemittelte  Materialeigenschaften zu bestimmen und diese in einer multiskaligen Materialdatenbank verfügbar zu machen.

Ein solcher Bereich ist beispielsweise die Verdrahtungsebene des Chips, das sogenannte Back-End-of-Line (BEoL). Zur Charakterisierung des Wärmeausdehnungskoeffizienten und des Elastizitätsmoduls des BEoL ist die Präparation von Testproben im Rasterelektronenmikroskop (REM) unter Anwendung gebündelter Ionenstrahlung (Focused Ion Beam – FIB) notwendig. Dabei werden genau definierte Bereiche des BEoL freigelegt und deren Ausdehnung bei Wärmezufuhr bzw. Nachgiebigkeit unter Belastung bestimmt (Siehe Bild). Die Ausdehnung der Probe unter Wärmeeinwirkung durch einen Heiztisch wird im REM mit hoher Auflösung erfasst und durch  Bildanalyseverfahren ausgewertet. Für die Bestimmung des Elastizitätsmoduls werden die freistehenden Probenbalken im Nanoindenter belastet und die Kraftreaktion mit hoher Orts- und Kraftauflösung erfasst.

Beide Methoden ermöglichen so für verschiedene Bereiche des BEoL in Abhängigkeit des Kupferanteils und dessen Vorzugsausrichtung die Bestimmung des richtungsabhängigen Wärmeausdehnungskoeffizienten und des Elastizitätsmoduls. Mit den gewonnenen Daten können komplexe BEoL-Strukturen vereinfacht modelliert werden, indem für diskrete Blöcke des BEoL gemittelte, design- und richtungsabhängige Materialparameter verwendet werden. Durch diese Vereinfachung werden kürzere Rechenzeiten oder größere Modelle möglich.