Mikromechanische In-situ-Experimente an Kupfer-Interconnect-Strukturen

Forschung aktuell

© Fraunhofer IKTS
REM-Aufnahme einer Teststruktur mit der bereits positionierten Indenterspitze (a).
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Kraft-Verschiebungs-Kurve eines Experiments.
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Querschnitt eines getesteten Kupfer-Vias. Der rote Pfeil zeigt auf die delaminierte Grenzfläche zwischen Diffusionsbarriere und Kupfer.

Adhäsionsmessungen für die Zuverlässigkeit von Mikroelektronik

Die Bestimmung der Grenzflächenzähigkeit der sehr kleinen Verdrahtungsebenen von Mikroelektronik-Systemen [Back-End-of-Line (BEoL)-Schichten] über Adhäsionsmessmethoden ist für die Produktion und Zuverlässigkeitsbewertung mikroelektronischer Systeme enorm wichtig. Es existieren jedoch nur sehr wenige Methoden, die es zudem nicht erlauben, produktidentische Größenskalen oder realistische Strukturen in die Untersuchung der Grenzflächeneigenschaften einzubeziehen. Deshalb wurde am Fraunhofer IKTS ein nanoindentationsbasierter In-situ-REM-Ansatz entwickelt. Mit diesem lassen sich die Grenzflächen von produktidentischen Kupfer-Via-Strukturen, die nur wenige Mikrometer groß sind, untersuchen – und damit erstmals die Grenzflächen einzelner industriell hergestellter Vias.

Optimierte mikromechanische Experimente

Für den neuen Ansatz wird ein Nanoindentationssystem in der Vakuumkammer eines Rasterelektronenmikroskops (REM) installiert. So ist es möglich, die Indenterspitze sehr exakt auf den nur mikrometergroßen Teststrukturen zu positionieren. Die Teststrukturen sind als doppelseitige Hebel ausgeführt (Bild oben). Für die Untersuchung wird über die Indenterspitze (a) eine Drucklast auf der freistehenden Seite des Doppelhebels aufgebracht, die über das sogenannte »Scharnier-Via« (b) in eine Zugkraft umgeformt wird. Diese greift dann über das hintere Via (c) an der Via-Unterseite des zu untersuchenden Interface an. Das provoziert unter dem hinteren Via eine Delamination im Ziel-Interface. In den experimentellen Kraft-Verschiebungs-Kurven ist dies an einem schlagartigen Abfall der Indentationskraft erkennbar (Bild mitte).

Große Variabilität der Teststrukturen

Die Teststrukturen werden über den Kupfer-Damaszen-Prozess hergestellt, der in der industriellen Fertigung von BEoL-Strukturen sehr verbreitet ist und über den sich eine außerordentliche Vielfalt an geometrisch unterschiedlichen Teststrukturen realisieren lässt. Das vergrößert einerseits den Spielraum für neue experimentelle Ansätze, z. B. Grenzflächen in verschiedenen Belastungsmodi zu testen, und erlaubt andererseits auch sehr viele gleichartige Teststrukturen für die statistische Validierung von Messergebnissen. Durch kleine Änderungen im Herstellungsprozess ist es möglich, unterschiedliche Grenzflächen am Test-Via zu erzeugen. Wichtige Grenzflächen für die BEoL-Zuverlässigkeit sind u. a. zwischen Kupfer, Siliciumnitrid, Diffusionsbarrieren und Siliciumoxid. Das untere Bild zeigt beispielhaft den Querschnitt einer delaminierten Grenzfläche zwischen Diffusionsbarriere und Kupfer (roter Pfeil).

Die mit dieser Methode quantitativ zugänglichen Grenzflächen-Delaminationen bilden die Basis für FEM-Simulationen, die Zuverlässigkeitstests und die Design-Optimierung von Interconnect-Strukturen in der Mikroelektronik unterstützen.