Cold Sintering - Neue Wege zur Herstellung und Integration funktioneller Keramiken

Forschung aktuell

© Fraunhofer IKTS
FESEM-Aufnahme von LiFePO4 (hergestellt über Cold Sintering).
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Schematische Darstellung des Cold Sintering-Prozesses.
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Dielektrische Eigenschaften von über Cold Sintering hergestelltem BaTiO3 nach thermischer Nachbehandlung.

Der Prozess des Cold Sintering verspricht eine Verdichtung keramischer Werkstoffe schon bei Temperaturen von unter 300 °C. Cold Sintering bezeichnet ein Niedrigtemperatur-Flüssigphasen-Verfahren basierend auf Lösungs- und Rekristallisationsvorgängen. Grundvoraussetzung ist die kongruente Löslichkeit des Werkstoffs in einem geeigneten Prozessmedium, was im einfachsten Fall Wasser sein kann. Die gelösten Bestandteile verteilen sich unter hohem Druck und moderater Temperatur um und diffundieren unter anderem in die Partikelzwischenräume. Durch Ausfällungsprozesse bilden sich amorphe Phasen an den Korngrenzen. Diese können nach Verdampfen des Prozessmediums bestehen bleiben oder kristallisieren (Bild 2). Diese Prozessbedingungen erlauben neuartige Materialkombinationen, wie beispielsweise die monolithische Verbindung von unterschiedlichen keramischen Materialien (z. B. Oxid und Nitrid), die Kombination verschiedener Mikrostruktur-Motive (z. B. Nano und Mikro) oder die Integration von Polymeren bzw. von metallischen Schichten in Keramik in einem Prozessschritt. Voraussetzung dafür ist die Ermittlung geeigneter Druck- und Temperaturbedingungen. Die Forschungsarbeiten am Fraunhofer IKTS an Werkstoffen wie LiFePO4, BaTiO3, (K, Na)NbO3, ZrO2 und TiO2 zeigen, dass sich keramische Funktionswerkstoffe in unterschiedlichem Maße für das Cold Sintering eignen. Es konnten Prozessparameter bestimmt werden, die eine prinzipielle Herstellung monolithischer Keramikproben erlauben. Während beispielsweise LiFePO4 bei 220 °C/150 bar bereits auf 89 % relative Dichte kalt gesintert werden kann (Bild 1) bedarf z. B. BaTiO3 einer thermischen Nachverdichtung. Die an BaTiO3 ermittelten Phasenübergangstemperaturen zeigen dabei eine gute Übereinstimmung mit konventionell hergestellten Komponenten. Allerdings erreichen die Materialkenndaten noch nicht vergleichbare Werte, so dass eine weitere Erforschung des Cold Sintering-Prozesses Gegenstand zukünftiger Forschungsprojekte ist. Für das Cold Sintering eignen sich somit besonders Werkstoffe mit geringer Gitterenergie, reaktiven Oberflächenzuständen, ionischen Bindungsanteilen und verminderter hydrolytischer Beständigkeit.