Mechanische Sondermessverfahren für Hochleistungselektronik

Thema

Mechanische Werkstoffdaten werden auf der Grundlage zerstörender Tests ermittelt. Es stehen Zug- und Schälversuche sowie Pull- und Schertests zur Verfügung. Die IKTS-Gruppe »Systemintegration und AVT« kann Tests an Hochleistungselektronik bis zu 600 °C durchführen und somit die Performanz und Lebensdauer unter harsche Umgebungsbedingungen simulieren.

Pullversuche an Drahtbondverbindungen

Zur Charakterisierung von Drahtbondverbindungen werden Pulltests eingesetzt. Bei der Testdurchführung wird mit einem Pull-Haken unter den Bondloop gefahren und dieser mit einer konstanten Kraft abgezogen. Als Qualitätsmerkmal gilt die zur Zerstörung der Verbindung erforderlichen Kraft sowie das daraus resultierende Bruchbild. Die Pulltests werden am Fraunhofer IKTS auf Grundlage der Prüfnorm DVS 2811 durchgeführt. Standardmäßig werden die Drahtbondverbindungen vor und nach einer gezielt beschleunigten Alterung getestet.

Basierend auf einer selbstentwickelten Geräteerweiterung haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am IKTS die Möglichkeit, kleinformatige Proben in einer Heizkammer zu positionieren. Diese erlaubt die Durchführung spezieller Pullversuche bei Probentemperaturen bis zu 600 °C.

© Fraunhofer IKTS
Pull-/Schertester Dage 4000.
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Die IKTS-Gruppe führt Pull-/Scherfestigkeitsanalysen bei 600 °C. Hier ersichtlich am rotglühenden Heiztisch.
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Heiztisch für Schertest bis 600 °C.

Schertests

Die Festigkeit geklebter, gesinterter oder gelöteter Verbindungen wird am Fraunhofer IKTS mittels Schertests untersucht. Die montierte Komponente befindet sich auf einem Substrat. Während der Versuchsdurchführung wird mit einem geometrisch angepassten Schermeißel gegen die zu untersuchende Probe gefahren. Nach einem Touch-down wird die Probe mit vorgegebener Scherhöhe, Kraft und Geschwindigkeit abgeschert. Die Kraft-Weg-Verläufe werden aufgezeichnet und ausgewertet.

Die Qualität der mechanischen Verbindungen bemisst sich einerseits durch die Kraft, die aufgewendet wird, um die Verbindung zu zerstören und anderseits durch das daraus resultierende Bruchbild. Eine Besonderheit am IKTS liegt darin, dass die Mitarbeitenden die Scherfestigkeit für eingeschränkte Probengeometrien bis zu einer Temperatur von 600 °C prüfen können. Weiterhin sind aufgrund unterschiedlicher Schermeißel-Geometrien und Kraftbereiche Untersuchungen in einem breiten Anwendungsfeld möglich.

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Scherfestigkeitsanalyse einer Bondverbindung auf einem DCB-Träger.
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Prinzipskizze zur Scherfestigkeitsanalyse einer Chip-Drahtbondverbindung.
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Scherfestigkeit keramischer Klebstoffe in Abhängigkeit der Materialtemperatur dargestellt für 25 °C und 600 °C – eine Alleinstellungsmerkmal des IKTS.

Zug- und Schälversuch

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Zugfestigkeitsanalyse von AMB- oder DCB-Leistungssubstraten.

Im Zugversuch werden Materialparameter unter einachsiger Belastung ermittelt. Typischerweise werden die Streckgrenze, Bruchdehnung, Zugfestigkeit sowie weitere hieraus abgeleitete Werkstoffdaten erfasst. Währen der Messung wird eine stabförmige Probe zwischen die Spannbacken gespannt und bis zum Bruch gedehnt. Die Spannungs-Dehnungskurven werden aufgezeichnet und daraus die Materialparameter berechnet.

Der Zugversuch kann ebenfalls zur Bestimmung der mechanischen Festigkeit von Klebe-, Sinter- oder Lötverbindungen genutzt werden.

Eine in der IKTS- Gruppe »Systemintegration und AVT« entwickelte geometrische Anpassung zur Substrataufnahme ermöglicht, den Test nicht nur unter einachsiger Belastungsrichtung, sondern ebenfalls unter einem definierten Winkel (z. B. 90 ° oder 180°) durchzuführen. Hierdurch werden Schälversuche an den genannten mechanischen Verbindungen möglich.