Elektrische Sondermessverfahren für Hochleistungselektronik

Thema

Zur Messung der elektrischen Eigenschaften von Hochleistungselektronik, die harschen Umweltbedingungen standhalten und dennoch langlebig sein muss, bietet die IKTS-Gruppe »Systemintegration und AVT« folgende auf Kundenbedarfe maßgeschneiderte Messungen aus einer Hand an.

Messung der elektrostatischen Entladung (ESD)

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Prinzipskizze der ESD-Messung an einem strukturierten Testmuster.

Abhängig von ihrer Bauform, Ausführung und Größe sind elektronische Bauelemente und Baugruppen anfällig gegenüber Schäden, die durch elektrostatische Entladungen (ESD = electrostatic discharge) verursacht werden. Reibungselektrizität ruft bei der ESD Ladungsträgeransammlungen an Grenzflächen hervor, die zu Potenzialdifferenzen führen. Neben aktiven Siliziumbauelementen kann dieser Effekt Dickschichtkomponenten (beispielsweise Dickschichtwiderstände) schädigen.

Zur Untersuchung der Zuverlässigkeit und Bestimmung der Ausfallwahrscheinlichkeit solcher Bauelemente und Baugruppen setzt die IKTS-Gruppe »Systemintegration und AVT« ESD-Messungen ein: Die elektrostatische Entladung wird gezielt simuliert. Dickschichten, Komponenten und Systeme werden mittels Einzel- oder Paarpuls geprüft. Die Änderungen vor und nach der elektrostatischen Entladung werden miteinander verglichen und interpretiert, um daraus Optimierungsbedarfe für die Hochleistungselektronik abzuleiten.

Messung des Teilentladungsverhaltens von Isolatoren

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Teilentladungsanalyse an einem AMB-Leistungssubstrat im Ölbad.

Beim Aufbau elektronischer Baugruppen werden Verdrahtungsträger verwendet. Auf ihnen werden weitere Bauelemente montiert. Der Verdrahtungsträger fungiert als isolierender mechanischer Träger. Er trägt das erforderliche Leiterzugbild und verfügt über die Montageplätze. Seine Qualität wird durch sein Isolationssystem bestimmt. Sie kann mittels kurzzeitiger Teilentladung zerstörungsfrei gemessen werden. Die Teilentladungsmessungen erfolgen hierbei stets unterhalb der Durchschlagsspannung und zu definierten Bedingungen, sodass das Bauteil nicht beschädigt wird.

Zur Beschreibung des Verhaltens von Isolationsmaterialien in der Hochspannungsprüftechnik ist die Teilentladungsmessung etabliert. Die IKTS-Gruppe »Systemintegration und AVT« adaptierte das Verfahren nun, um das Verhalten der Verdrahtungsträger von Hochleistungselektronik zu beschreiben.

Messung der Durchschlagsspannung

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Abhängigkeit der Durchschlagsfestigkeit von Material und Temperatur.

Die Durchschlagsfestigkeit eines Isolationsmaterials entspricht der maximal zulässigen elektrischen Feldstärke, die an einem Isolator anliegen darf, bevor es zu einem elektrischen Durchschlag und somit zur Schädigung des Isolators kommt. Dieser Wert muss sowohl für isolierende Verdrahtungsträger als auch für die eingesetzten dickschichtbasierten Dielektrika bestimmt werden. Die IKTS-Gruppe »Systemintegration und AVT« hat hierzu ein Verfahren für die Hochleistungselektronik entwickelt, das sie auf Kundenbedarfe ausgerichtet anbietet.

Bei der Messung werden die Prüflinge zwischen zwei anliegende Elektroden positioniert. Die angelegte Prüfspannung wird solange kontinuierlich erhöht, bis die Durchschlagfestigkeit erreicht ist und ein Durchschlag auftritt. Die Durchschlagsspannung hängt von verschiedenen Bedingungen ab. Sie kann z. B. in Abhängigkeit der Temperatur bestimmt werden. Der überprüfte Temperaturbereich liegt typischerweise zwischen -60 und 900 °C.

Messung des Isolationswiderstands

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Abhängigkeit des Isolationswiderstandes von der Temperatur.

Der Isolationswiderstand von Verdrahtungsträgern und dielektrischen Schichten wird durch Isolationsfestigkeitsmessungen bestimmt. Während der Messung werden die Prüflinge zwischen zwei anliegende Elektroden gespannt. Die angelegte Prüfspannung wird kontinuierlich erhöht. Der so erfasste Isolationswiderstand hängt von verschiedenen Bedingungen ab. Er kann beispielsweise in Abhängigkeit der Temperatur bestimmt werden.

Die IKTS-Gruppe »Systemintegration und AVT« bietet die Messungen des Isolationswiderstands für Hochleistungselektronik unter maßgeschneiderten definierten Bedingungen in einem Temperaturbereich zwischen -60 und 900 °C an.

Short Term Overload (STOL)-Messung

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Dauerhafte Widerstandsänderung einer leitfähigen Struktur je Belastungszustand.

Ein wesentlicher Parameter bei Dickschichtwiderständen ist die maximal zulässige Verlustleistungsdichte, die über dem Widerstand anliegen darf. Sie wird in Watt pro Flächeneinheit angegeben. Oberhalb der zulässigen Verlustleistungsdichte wird der Dickschichtwiderstand irreversibel geschädigt.

Die IKTS-Gruppe »Systemintegration und AVT« berechnet die Verlustleistungsdichte von Dickschichtwiderständen und anderen Komponenten der Hochleistungselektronik via »Short Term Overload (STOL)«-Verfahren.

Bei der Messung werden die Proben hinreichend elektrisch und thermisch auf einer Versuchsanordnung kontaktiert und gezielt mit einer elektrischen Verlustleistung beaufschlagt: Der Prüfling wird erwärmt, die Erwärmung dokumentiert. Nach einer vorgegebenen Zeit wird die Verlustleistung abgeschaltet. Der Prüfling kühlt aus. Die elektrischen Kaltwiderstände des Prüflings vor und nach dem Aufheizen werden verglichen.

Dieses Vorgehen wird mit einer um den Faktor X erhöhten Verlustleistung solange wiederholt, bis sich der Kaltwiderstand nur noch um einen definierten Wert (i.d.R. 0,1 %) ändert. Dieser Wert signalisiert die Schädigungsgrenze. Durch die Probengeometrie sind die elektrischen mit den geometrischen Parametern verknüpf- und die maximal zulässige Verlustleistungsdichte an diesem Punkt kalkulierbar.

Messung der Stromtragfähigkeit

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Stromtragfähigkeit eines 200 µm Dickschichtleiters bis zur Eigenerwärmung um 100 K.

Bei Stromtragfähigkeitsmessungen z. B. von Dickschichtleiterzügen werden Materialkennwerte, Probengeometrie und Messaufbau verbunden. Einerseits wird die gezielte Erwärmung der Proben erfasst, die aus der konkreten Leistungsbeaufschlagung resultiert. Andererseits werden die geometrischen Leiterzugparameter (Leiterzugquerschnitte) bestimmt, um bei der Leistungsbeaufschlagung keine vorgegebenen Verlusttemperaturen zu überschreiten.

Während der Messung werden die Prüflinge bei einer definierten Temperatur auf der Messvorrichtung kontaktiert, sodass im Anschluss die Teststrukturen mit vorgegebenen Verlustleistungen anwenderspezifisch beaufschlagt werden können. Die Erwärmung der Teststrukturen kann mittels Infrarotmessung oder dem Pyrometer detektiert sowie mit einem Widerstandsthermometer ausgewertet werden. Die Verknüpfung der elektrischen, geometrischen und thermischen Parameter ermöglicht gezielte Aussagen zur Stromtragfähigkeit der Leiterzüge. Des Weiteren können kritische Belegungsdichten der Leiterzüge erfasst und die Qualität der thermischen Anbindungen charakterisiert werden. Außerdem werden Stromtragfähigkeitsmessungen eingesetzt, um ein aktives Altern der Probenkörper durch »Power Cycling« zu sichern.