Ökonomische Bewertung von CCU/CCS-Technologien

Fokusthema

CCU/CCS-Technologien (Carbon Capture and Utilization/Storage) zielen darauf ab, CO2 aus industriellen Abgasen abzuscheiden und als Rohstoff zu nutzen oder geologisch zu speichern. Damit lassen sich CO2-Emissionen vermeiden und gleichzeitig die Rohstoffbasis durch den Ersatz fossiler Kohlenstoffquellen erweitern.

Das Fraunhofer IKTS zieht in seine techno-ökonomische Bewertung von Projekten zur Abscheidung von CO2 zahlreiche Faktoren ein, u. a.:

  • Vermeidung von Emissionskosten (im EU-ETS)
  • Erlöse aus dem Verkauf von CO2 als Rohstoff
  • Kosten für die CO2-Abscheidung und den Transport (Investitions- und Betriebskosten)
  • Perspektivisch: Zertifikate für CO2-Entnahme (Negativemissionen)

Das nachfolgende Beispiel zeigt die techno-ökonomische Bewertung zur CO2-Abscheidung an einer Müllverbrennungsanlage mittels Aminwäsche. Dabei wurden folgende vier Szenarien berücksichtigt:

Szenario Energiepreise Emissionspreise
Niedrig (Strom: 50 €/MWh, Wärme: 12 €/GJ) Hoch (130 €/t CO2)
Hoch (Strom: 120 €/MWh, Wärme: 24 €/GJ) Hoch (130 €/t CO2)
Niedrig (Strom: 50 €/MWh, Wärme: 12 €/GJ) Niedrig (80 €/t CO2)
Hoch (Strom: 120 €/MWh, Wärme: 24 €/GJ) Niedrig (80 €/t CO2)
Das Fraunhofer IKTS führt techno-ökonomische Bewertungen von CCU/CCS-Technologien durch, zum Beispiel für Müllverbrennungsanlagen.
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Das Fraunhofer IKTS führt techno-ökonomische Bewertungen von CCU/CCS-Technologien durch, zum Beispiel für Müllverbrennungsanlagen.

Fall 1: CCU – Weiterverwendung des abgeschiedenen CO2 als Rohstoff

Fall 2: CCS – Geologische Speicherung des abgeschiedenen CO2

  • CO₂ wird als Rohstoff verkauft (z. B. zur industriellen Nutzung)
  • Angenommener CO₂-Verkaufspreis: 50 €/t
  • Angenommene Transportkosten: 2 €/t CO₂ (bei 50 km Transportdistanz)
     

Ökonomische Bewertung von CCU-Technologien am Beispiel einer Müllverbrennungsanlage

 

Die Investitionen rechnen sich in allen Szenarien langfristig – jedoch mit deutlichen Unterschieden in Tempo und Umfang:

  • Szenario 1 (niedrige Energiepreise, hohe Emissionskosten) ist wirtschaftlich am attraktivsten:
    Amortisation ab 2031, Kapitalwert steigt bis 35 Mio. Euro in 2045
  • Szenario 2 (hohe Energiepreise, hohe Emissionskosten):
    Amortisation ab 2033, Kapitalwert steigt bis 24 Mio. Euro in 2045
  • Szenario 3 (niedrige Energiepreise, niedrige Emissionskosten):
    Amortisation ab 2034, Kapitalwert steigt bis 18 Mio. Euro in 2045
  • Szenario 4 (hohe Energiepreise, niedrige Emissionskosten):
    Amortisation ab 2040, Kapitalwert steigt bis 7 Mio. Euro in 2045

Die Wirtschaftlichkeit der CO₂-Abscheidung hängt maßgeblich von Energie- und Emissionspreisen ab. Die Nutzung des CO₂ als Rohstoff (CCU) bietet unter günstigen Rahmenbedingungen ein hohes finanzielles Potenzial. Zudem zeigt sich, dass die Nutzung des abgeschiedenen CO₂ als Rohstoff (CCU) gegenüber der geologischen Speicherung (CCS) eine finanziell vorteilhaftere Strategie darstellt.
 

  • Speicherung von CO2
  • Dadurch keine Einnahmen durch Verkauf des CO₂ als Rohstoff
  • Angenommene Transportkosten: 16 €/t CO₂ (bei 400 km Transportdistanz)
     

Ökonomische Bewertung von CCS-Technologien am Beispiel einer Müllverbrennungsanlage

 

Die Investitionen rechnen sich nicht in allen Szenarien und zeigen erst im späteren Verlauf eine im Umfang deutlich geringere Amortisation.

  • Szenario 1 (niedrige Energiepreise, hohe Emissionskosten) ist wirtschaftlich am attraktivsten:
    Amortisation ab 2034, Kapitalwert steigt bis 23 Mio. Euro in 2045
  • Szenario 2 (hohe Energiepreise, hohe Emissionskosten):
    Amortisation ab 2038, Kapitalwert steigt bis 12 Mio. Euro in 2045
  • Szenario 3 (niedrige Energiepreise, niedrige Emissionskosten):
    Amortisation ab 2040, Kapitalwert steigt bis 6 Mio. Euro in 2045
  • Szenario 4 (hohe Energiepreise, niedrige Emissionskosten):
    keine Amortisation bis 2045

Im Vergleich zur CO₂-Nutzung (CCU) ist die geologische Speicherung (CCS) wirtschaftlich deutlich weniger attraktiv. Nur unter sehr günstigen Rahmenbedingungen kann CCS langfristig rentabel sein.

 


CCU: CO2 als Rohstoff in der chemischen Industrie und für synthetische Flugkraftstoffe

In der chemischen Industrie stammt der in Chemikalien und Polymeren gebundene Kohlenstoff zu 85 % aus fossilen Rohstoffen, während Biomasse (10 %) und Recycling (5 %) nur kleinere Anteile ausmachen. Die Nutzung von zuvor abgeschiedenem CO2 stellt eine vielversprechende Alternative zu fossilen Rohstoffen dar. Ein Schlüsselprozess ist die Umwandlung von CO2 mit Wasserstoff zu Synthesegas, das zu Methanol verarbeitet wird. Methanol dient als zentraler Ausgangspunkt für den MTO/MTA-Prozess, der Propylen und Ethylen produziert – wichtige Grundstoffe für Kunststoffe. CO2 kann darüber hinaus auch für die Herstellung von Sustainable Aviation Fuels (SAF) eingesetzt werden. Dieses kann in vielen bestehenden Flugzeugtriebwerken ohne Modifikationen verwendet werden.

 

Voraussetzungen für die Marktdurchdringung von CCU/CCS-Technologien

  • Kostensenkung: CCU muss wirtschaftlich wettbewerbsfähig werden
  • Grüner Strom: Erneuerbare Energie ist essenziell für viele CCU/CCS-Prozesse
  • CO₂-Infrastruktur: Es bedarf Netzen für Transport und ggf. Speicherung von CO₂
  • Rahmenbedingungen: Klare Regeln, Förderungen und Abnehmer für CO₂-basierte Produkte

 

Leistungsangebot

Das Fraunhofer IKTS bietet verschiedene Werkzeuge, um kommunale und industrielle Anlagenbetreiber dabei zu unterstützen, CO₂-intensive Prozesse umfassend zu analysieren, gesetzlich einzuordnen und nachhaltig zu verbessern:

  • Techno-ökonomische Bewertung von Technologien und Wertschöpfungssystemen
  • Technologieorientierte Bewertung von Markt und regulatorischen Rahmenbedingungen
  • Lebenszyklusanalysen (ökonomisch: Life Cycle Costing (LCC); ökologisch: Life Cycle Assessment (LCA))
  • Entwicklung von Simulations- und Optimierungsmodellen zur Unterstützung betrieblicher Entscheidungsprozesse (z. B. Investitionsentscheidungen)