Tinten und Pasten für Funktionsschichten

Forschung aktuell

© Fraunhofer IKTS
Funktionalisiertes Dünnglas für flexible Elektronikanwendungen.
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Inkjetgedruckte Interdigitalsensoren auf planarem Substrat.

Gedruckte Funktionsschichten werden oft auf keramische 2DSubstrate aufgebracht. Zunehmend kommen aber auch dünne Glas- und Polymerfolien oder Papier als Trägermaterial zum Einsatz. Beispiele für solche Anwendungen sind Touchdisplays, RFID-Tags, Dehnungsmessstreifen, chemische sowie physikalische Sensoren oder Messbrücken. Die mittlerweile hohe Auflösung der Druckverfahren – sowohl digital als auch maskenbasiert – ermöglicht die Miniaturisierung der Funktionsschichten nicht nur auf 2D-Substraten, sondern auch auf 3D Strukturen.

Werkstoffauswahl und -aufbereitung als Basis

Um die Funktionsschichten für ihre Applikation optimal anzupassen, greift das Fraunhofer IKTS auf jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der anorganischen Pulver sowie in der Auswahl der organischen Bestandteile (Lösungsmittel, Polymere, Additive) zurück. Die anorganische Basis der für den Druck benötigten Suspensionen kann dabei aus verschiedenen Werkstoffklassen bestehen. Die Bandbreite reicht hier von keramischen, metalloxidischen oder auch Edelmetallpulvern bis hin zu Gläsern. Am IKTS gibt es verschiedene Routen, um Partikel entsprechend ihrer Anwendung anzupassen. So werden Edelmetall-Nanopartikel, die in Funktionstinten zum Einsatz kommen, am Institut synthetisiert. Während der Synthese von Gold, Platin, Silber u.a. werden die finalen Partikeleigenschaften eingestellt. Eine andere Möglichkeit ist, Pulver durch hochenergetische Mahlungen gezielt zu zerkleinern. Dafür werden Scheibenschwingmühlen sowie Backenbrecher für grobes (bis mm), Planetenkugelmühlen für mittleres (bis 100 μm) und Rührwerkskugelmühlen für feines (bis 5 μm) Aufgabegut eingesetzt. Die damit erreichbaren Partikelgrößen von unter 500 nm werden sowohl in funktionalen Tinten für Inkjet- oder Aerosoldruck als auch in Pasten eingesetzt. Um pastöse Suspensionen im Sieb- und Maskendruck, beim (Mikro-)Dispensen, Jet-Dispensen oder Rollcoating zu applizieren, werden weitaus gröbere Partikel (bis zu 75 μm) gemahlen und verarbeitet.

Geeignete Organikzusammenstellung

Die Auswahl der organischen Komponenten für die Suspensionen erfolgt in Abhängigkeit von Substratwerkstoff, Einbrandtechnologie, finaler Schichtgeometrie und –eigenschaften. Um die benötigten Attribute für das jeweilige Druckverfahren präzise einstellen zu können, werden Polymere in verschiedenen Lösungsmitteln gelöst. So ist es möglich, die Viskosität von 1 bis 100 000 Pa*s in einem Scherratenbereich von 0,01 bis 100 000 s-1 anzupassen. Die für die Dispergierung benötigte Organik wird auf Basis einer breiten, am IKTS experimentell ermittelten Datenmatrix zusammengestellt. Diese enthält Aussagen über Viskosität, Abdampfungsverhalten oder auch Benetzungseigenschaften. Im Tintenbereich erfolgt die Auswahl der Polymere vor allem in Hinblick auf Benetzung und Schichthaftung, um bereits nach der Trocknung gute Haftungseigenschaften zu erzielen. Bei den Pasten werden die Polymere hingegen anhand des angestrebten fehlerlosen Druckbilds und geometrischer Faktoren, z.B. hohe Aspektverhältnisse, ausgewählt. Ein weiteres Kriterium für die Polymerauswahl sind die späteren Einbrand- oder Verwendungsbedingungen: Soll unter inerter Atmosphäre oder bei besonders niedrigen Temperaturen eingebrannt werden, wählt man andere Polymere als für den Fall, dass das Polymer im Schichtverbund verbleiben soll (bspw. wenn Elektronik für flexible Substrate gedruckt wird). Darüber hinaus werden der Suspension Additive zur Stabilisierung der Partikel und Beeinflussung der Druckbarkeit zugesetzt.

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Inkjetgedruckte Kontaktierung auf Textil.
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3D-Chipkontaktierung mit Goldtinte.

Herstellung der Suspension

Der wichtigste Arbeitsschritt der Suspensionsherstellung ist die Dispergierung der gewählten Werkstoffe in den organischen bzw. wässrigen Druckträgern. Dabei werden im Pulver vorhandene Agglomerate aufgebrochen, unterschiedliche anorganische Komponenten homogen durchmischt, Feststoffe mit dem organischen Druckträger benetzt und die Viskosität mit zugesetzten Additiven eingestellt. Je nach Suspensionsart, Anwendung, Feststoffgehalt und späterer Applikationstechnik stehen am IKTS dafür verschiedene Geräte zur Verfügung: Dissolver, Perlmühlen, Mörsermühlen, Dreiwalzwerke, Rührwerkskugelmühlen sowie Zentrifugalmischer. Die Qualität einer dispergierten Suspension zeigt sich im Langzeitverhalten – in der Entmischung der anorganischen Bestandteile vom Druckträger und deren Absetzverhalten.

Charakterisierung in allen Verfahrensschritten

Am IKTS wird vom Pulver bis hin zur gedruckten Funktionsschicht umfassend charakterisiert. Dies beginnt bei der Betrachtung der eingesetzten Werkstoffe hinsichtlich Partikelgrößenverteilung, -form sowie der spezifischen Oberfläche. Darauf folgt die Bestimmung der rheologischen Eigenschaften mit jeweils geeigneten Messgeräten (konventionelle Kegel-Platte-Rheometer, Kapillarrheometer, Zylinder-Becher-Aufbau für Tinten). Anhand der rheologischen Untersuchungen lassen sich neben Aussagen über die Viskosität auch Angaben zur Lagerstabilität und den Nivelliereigenschaften treffen. Die Benetzung der Substratoberfläche und das Auslöseverhalten der Tinten aus der Druckdüse werden temperaturabhängig charakterisiert. Die Druckbarkeit selbst wird zusätzlich durch Teststrukturen bewertet. Bei Tinten werden z. B. Druckbreite und applizierte Schichtdicke bestimmt. Bei Funktionspasten erfolgt die Untersuchung an definierten Teststrukturen hinsichtlich Line-Space-Ratio, Aspektverhältnissen der gedruckten Schichten, minimalen Linienbreiten, Gleichmäßigkeit von Vollflächen und Nivelliereigenschaften. Abschließend werden auch die applizierten und thermisch behandelten Funktionsschichten umfassend charakterisiert. Dafür stehen verschiedenste Prüfmethoden zur Verfügung, angefangen vom Gitterschnitt oder Wire-Peel-Test (Schichthaftung), über Weißlichtinterferometer (Schichtgeometrie) oder Rasterelektronenmikroskop (Schichtverbund) bis hin zur elektrisch/elektrochemischen Charakterisierung.

360°-Service für die Entwicklung funktioneller Tinten und Pasten

Mit diesen Kompetenzen deckt das IKTS das gesamte Spektrum der Entwicklung von Funktionstinten und -pasten für vielfältige Anwendungen ab: Von der Auswahl bzw. Synthese der Grundstoffe über die Einstellung spezifischer Eigenschaften, die Auswahl der Organik bis zur Herstellung der Suspension – angepasst an das geeignete Druckverfahren. Dabei werden die Charakteristika der Einzelelemente von Tinte oder Paste bis zur fertigen Funktionsschicht stetig überwacht.