Elektronen-emittierende Keramik für Satellitenantriebe

Forschung aktuell

© Fraunhofer IKTS
Pulverbasierte C12A7-Schicht auf metallischem Trägersubstrat.
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Gesinterte Hohlkathoden aus C12A7 vor (weiß) und nach Aktivierung (schwarz).

Elektrid-Materialien finden als Kathoden in Elektronen-emittie­renden Baugruppen, wie z. B. Ionenantrieben von Satelliten oder in thermoionischen Konvertern Verwendung. Ihre beson­dere Eigenschaft sind eine niedrige Austrittsarbeit für Elektronen, wodurch in einem elektrischen Feld nennenswerte Elektronen­ströme erzeugt werden können. Etablierte Elektrid-Materialien wie LaB6 und BaO:W emittieren aufgrund ihrer materialspezifi­schen Austrittsarbeit für Elektronen sowie der Richardson-Kon­stante erst bei Temperaturen über 1000 °C in nutzbringendem Maße Elektronen. Ziel der weltweiten Entwicklungen sind daher Elektrid-Materialien, die bereits bei Temperaturen deutlich un­terhalb 1000 °C einen applikationsrelevanten Ausstoß von Elektronen ermöglichen. Das oxidkeramische Material C12A7 (12CaO·7Al2O3) mit seiner speziellen, käfigartigen Gitterstruktur weist Defektzustände mit einer Konzentration von mobilen Elektronen größer als 1021 Elektronen pro cm3 auf.

Am Fraunhofer IKTS kann dieses Material skaliert synthetisiert werden und findet als Sinterkörper oder gedruckte Schicht An­wendung. An gesinterten Hohlkathoden aus reinem C12A7 konnten Austrittsarbeiten von 2,37 eV und eine Richardson- Konstante von über 8 Acm-² K-² gemessen werden. Dank dieser Eigenschaften eignet sich das Elektrid C12A7 zur Anwendung als Elektronenemitter bei Temperaturen unter 1000 °C. Hieraus ergeben sich erhebliche Vorteile für die konstruktive und elektrische Integration beispielsweise in Antriebseinheiten von Satel­liten. Die wachsende Zahl von Kommunikations- und Beobach­tungssatelliten im Erdorbit erhöht die Wahrscheinlichkeit von Kollisionen und das Risiko von unkalkulierbaren Ausfällen und ihren Folgen. In dem von der Europäischen Union geförderten Projekt »E.T. PACK« werden elektrodynamische und treibstoff­freie Antriebe (Deorbit-Kit) entwickelt, die ein kontrolliertes Entfernen ausgedienter Satelliten aus dem Orbit ermöglichen. Dafür wird das Elektrid C12A7 als Dickschicht auf ein metalli­sches Band kontaktiert (Bild 1) und als aufgespulte Rolle im Satelliten befestigt.

Am Ende seiner Lebensdauer wird dieses Band (engl. tether) abgerollt und bremst den Satelliten durch den elektrodynami­schen Effekt, indem es in einem Segment Elektronen aus dem Plasma aufnimmt und diese an anderer Stelle durch thermioni­sche Emissionen wieder abgibt. Der entstehende elektrische Strom verursacht in Verbindung mit dem Erdmagnetfeld und der Flugrichtung des Satelliten eine Lorentzkraft, welche den Satelliten konstant in Richtung Erde zieht. Im EU-Projekt »iFACT« werden Hohlkathoden aus C12A7 für neuartige, effektivere Ionenantriebe für Satelliten auf der Basis von Jod anstelle von Xenon entwickelt (Bild 2). Die Hohlkathoden sollen verdampftes Jod ionisieren und in einem elektrischen Feld so einen Ionen­strom erzeugen, der für die Lagesteuerung von Satelliten be­nutzt werden kann. C12A7 verspricht eine verbesserte Stabilität gegenüber den Jod-Ionen und soll so eine hohe Lebensdauer gewährleisten.

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