Dezentrale Überwachung der Lungenventilation mit Pneumo.Vest

Forschung aktuell

© Fraunhofer IKTS
Vision der Pneumo.Vest zur differenzierten Überwachung der Lungenventilation.
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Anordnung der Sensoren im Rückenbereich (posterior) der Weste.
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Prototypische Textilweste mit Sensoren.

In Deutschland werden pro Jahr etwa 385 000 Patienten mit Atemproblemen bzw. Lungenerkrankungen stationär behandelt – mehr als 60 % müssen länger als 24 Stunden beatmet werden.

Die auf Intensivstationen bettseitig angewendeten Methoden zur Lungenüberwachung liefern nur globale Informationen. Um die korrekten Beatmungsparameter auszuwählen, benötigen Mediziner jedoch kontinuierliche Informationen über die regionale Verteilung der Ventilation. Diese differenzierte Lungenventilation ist bisher jedoch nur über bildgebende Verfahren, wie Thorax-CT, als Momentaufnahme darstellbar.

Ortsunabhängige Patientenüberwachung

Ein System zum Monitoring coronainfizierter Patienten außerhalb von Intensivtherapiestationen (ITS) soll im Fraunhofer-Anti-Corona- Projekt M3Infekt entstehen. Neun Fraunhofer-Einrichtungen sowie klinische Partner bündeln ihre Kompetenzen, um eine prototypische Textilweste mit integrierten Akustiksensoren zu realisieren.

Mit Hilfe dieser Sensoren soll die Belüftungssituation der Lunge – zunächst an 20 Auskultationspunkten am Rücken – beurteilt werden. In Kombination mit einer »Breath-by-Breath«- Analyse über zeitgleich aufgenommene akustische Daten wird eine kontinuierliche Überwachung und Echtzeitbeurteilung möglich. Diese kann unter therapeutischen Interventionen wie einer Beatmungstherapie oder für die Zustandsbeurteilung in der Notaufnahme eingesetzt werden.

Dafür wurden im Projektzeitraum der Einzelsensor entwickelt sowie miniaturisiert, die Verstärkerschaltung aufgebaut und eine entsprechende Platine für die Stromversorgung und Zusammenführung von 20 Sensoren entwickelt. Diese Komponenten wurden in eine prototypische Textilweste integriert.

Diese wurde anschließend am Klinikum Magdeburg mit medizinischem Personal und zukünftigen Nutzern in der Intensivmedizin getestet. Die Erkenntnisse aus diesen Messungen bestätigten den Nutzen einer solchen Medizinanwendung.

Transformation zur digitalen Versorgungsmedizin

»Medizinische Kleidung«, sog. Clinical Grade Wearables (CGW), ermöglicht in Kombination mit Kommunikationslösungen die kontinuierliche Datenerfassung und -analyse. Die ortsunabhängige Patientenüberwachung hat erhebliche Vorteile: Sie kann in Zukunft auf Normalstationen, Einrichtungen zur Lang- und Kurzzeitpflege, in der ambulanten Behandlung sowie in der häuslichen Umgebung flexibel zum Einsatz kommen. Ein wesentlicher Vorteil aus Sicht der Kliniken besteht in der dezentralen Patientenüberwachung, so dass elektive OP-Programme auch bei sehr hohen Infektionszahlen und Bedarfsspitzen fortgeführt werden können.

Das System unterstützt die Transformation der Medizin hin zur »4P-Medizin« (Preventative, Participative, Personalized, Predictive) mit dezentraler Gesundheitskontrolle.