Autor: Anika Peucker

Strom aus Stroh

Rumpelstilzchens Traum bewahrheitet sich also doch! Stroh lässt sich zu Gold – heute eben Energie machen. Als biogener Reststoff trägt Stroh zu einer nachhaltigen Energiebilanz bei und unterstützt den Weg hin zur Energieproduktion aus überwiegend erneuerbaren Energien. Zudem senken wir damit die Menge an Mais oder anderen Produkten, die eigentlich den weltweiten Hunger stillen und nicht Energielieferant sein sollten. Wie entsteht Strom aus Stroh, fragen Sie sich? Schauen wir es uns an.

 

Hartnäckige Lignocellulose muss aufgebrochen werden

Die Verwendung von Stroh wird schon mehrere Jahre in der Biogasproduktion diskutiert, denn es ist preiswert und in rauen Mengen verfügbar. Mehr als acht Millionen Tonnen sollen es nach den jüngsten Annahmen jährlich sein. Das Problem bei diesem nachhaltigen Bioreststoff ist aber das Lignin im Stroh. Denn Lignin, das zur Verholzung der Zellen beiträgt, löst sich nur schwer in Wasser auf. Das ist allerdings Voraussetzung für dessen Aufspaltung in energiereiche Bestandteile und die optimale Verarbeitung zu Biogas. Sonst bleibt die effektive Vergärung aus. Die geringe Dichte von Stroh verhindert zudem, dass es im flüssigen Milieu absinkt. Es bildet an der Oberfläche eine Schwimmschicht und behindert damit weitere Reaktionsprozesse. Ein Problem also, das nach einer Lösung verlangt.

Der Schlüssel sind: Strohpellets. Hört sich einfach an, ist es aber nicht! Der Weg dorthin hat durchaus gedauert. Zur Herstellung der Pellets wird Stroh in einer Hammermühle zerkleinert. Dabei schlagen die Hämmer, die an einem Rotor hängen, so lange auf das Mahlgut ein, bis es die gewünschte Zerkleinerungsform erreicht hat. Beim Hämmern schleudert das Stroh auch immer wieder gegen die Mühlenwände, an denen es durch den Aufprall zusätzlich bricht. Die natürliche Wachs- und Schutzschicht werden angegriffen und teils aufgelöst. Die Größe des Mahlguts, das zur Weiterverarbeitung verwendet wird, bestimmt das Sieb am unteren Ausgang der Mühle. Die »Strohspäne« fallen durch das Sieb und werden aufgefangen. So vorbehandelt, ist das Lignin besser spaltbar. Die Zugabe von verdünnter Natronlauge fördert zusätzlich die bessere Stofflöslichkeit und erhöht die Gasausbeute.

Mechanisch aufgeschlossenes Stroh.
© Fraunhofer IKTS
Mechanisch aufgeschlossenes Stroh.
Prinzip des Biomasseaufschluss.
© Fraunhofer IKTS
Prinzip des Biomasseaufschluss.
Strohpellets für die Biogaserzeugung.
© Fraunhofer IKTS
Strohpellets für die Biogaserzeugung.

Mit Strohpellets 40 Prozent mehr Gas

Nach diesen Behandlungsschritten wird das zerkleinerte Stroh in Pellets gepresst. Beim Pressen entweicht nahezu alle Luft aus dem Pellet. Seine Schüttdichte ist dann dreimal höher als die Dichte herkömmlicher Strohballen, jedes einzelne Pellet damit dichter als Wasser. Sie sinken im Biogasreaktor ab und lösen sich innerhalb von 60 Minuten auf. Die Strohpellets bilden keine reaktionshemmende Schwimmschicht. Und das Beste daran: Die chemisch-mechanische Aufbereitung führt zu 40 Prozent mehr Gasausbeute im Vergleich zu unbehandeltem Stroh. Außerdem sind die Pellets robust, einfach zu dosieren und im Vergleich zu den großen Strohballen, insbesondere Rundballen, platzsparend zu lagern. Auch logistisch gesehen, können sie punkten. Der Transport vom Herstellungs- zum Verwertungsort ist wirtschaftlicher. Ebenso sind die Gärreste keine wirklichen Reste. Diese »Abfälle« werden auf die Felder gefahren und nähren als Grundlage zur Humusbildung die Böden. So gesehen, haben wir es mit einem geschlossenen Verwertungskreislauf zu tun. Das Biogas wiederum kann nach der Veredelung u.a. durch Membranfilterung, beispielsweise mit einer Keramikmembran, in die Tanknetze für Fahrzeuge oder in das Erdgasnetz eingespeist werden.

Mit den Strohpellets erhalten wir demnach einen in der Herstellung preiswerten Rohstoff zur Produktion regenerativer Energien ganz ohne Umbau bestehender Biogasanlagen. Stroh wird dann also doch zu Gold in Form eines wertvollen Rohstoffs als ein Baustein im erneuerbaren Energiemix auf dem Weg zu »sauberem« Strom.