Membranreaktoren

Thema

Effiziente Stoff- und Energiewandlung durch Verknüpfung von Stofftrennung und Reaktion im Membranreaktor

 

Hintergrund

 

Die Stofftrennung wird heute der chemischen Synthese nachgeschaltet und ist in der Regel zeit- und energieaufwendiger als die Synthese selbst. Bei den Stofftrennverfahren in der Chemie dominieren thermische Verfahren wie die Destillation, Extraktion oder Adsorption.

Membrantrennverfahren sind energetisch deutlich günstiger als thermische Trennverfahren. Auf Grund der chemischen und thermischen Stabilität keramischer Materialien sollte es möglich sein, die Membranen direkt im Reaktor einzusetzen und damit chemische Reaktion und Stofftrennung zu koppeln. Die Membran kann dabei zur Dosierung von Ausgangsstoffen oder zur Abtrennung von Produkten oder Nebenprodukten eingesetzt werden, um die Lage des chemischen Gleichgewichts zu verschieben und damit die Ausbeute zu erhöhen. Sie kann selbst katalytisch aktiv sein oder mit einem Katalysator beschichtet werden. Damit wird es möglich, reaktive Zwischenprodukte zu isolieren und bei gleichgewichtslimitierten Reaktionen höhere Ausbeuten zu erreichen.

Durch die Kopplung einer katalysierten chemischen Reaktion mit einer Membran, die je nach Bedarf Edukt-dosierend oder Produkt-abziehend eingesetzt werden kann, können chemische Stoffsynthesen wesentlich effizienter gestaltet werden. Dieses Prinzip ist bereits seit längerer Zeit bekannt, in der Industrie bisher jedoch noch nicht etabliert. Durch den Einsatz von Membranreaktoren für chemische Stoffsynthesen lassen sich neue Reaktor- und Anlagenkonzepte entwickeln. Die Kombination des Katalysators mit der Membran kann auf verschiedene Weisen realisiert werden:

  1. Loser Kontakt zwischen Membran und einem Katalysatorfestbett oder  Monolith
  2. Membran fungiert als Träger für den Katalysator (Beschichtung)
  3. Katalytisch aktive Membran

Die Trennrichtung der Membran richtet sich dabei nach den Anforderungen des Prozesses.

 

Beispiel 1): Membranreaktoren für chemische Stoffsynthesen: Power-to-Gas PtG / Power-to-Liquid PtL

 

Bei chemischen Stoffsynthesen mit Gleichgewichtslimitierung kommt der Membran die Aufgabe zu, ein Produkt selektiv zu entfernen, dadurch den Umsatz zu erhöhen und ein aufgereinigtes Produkt zu erhalten. Beispiele für solche Reaktionen stellen die Methanisierung (Power-To-Gas: PtG) und die Methanolsynthese (Power-To-Liquid: PtL) unter Nutzung von Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasserstoff (H2) als Edukte dar, da bei beiden als entfernbares Reaktionsprodukt Wasser entsteht.

Der Sabatierprozess zur Herstellung von Methan (CH4) aus dem Abfallstoff CO2 und aus Wasserstoff (H2) erregt zurzeit großes Interesse in Bezug auf die Herstellung von „künstlichem Erdgas“ für die Energiespeicherung. Auf Basis dieses Prozesses kann über den Weg „Power-to-Gas“ (PtG) regenerativer Überschussstrom über die Zwischenstufe Wasserstoff in speicherbares Methan gewandelt werden. Dabei ist die Effizienz des Verfahrens von entscheidender Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit. Ein Ansatzpunkt zur Effizienzerhöhung ist die Aufhebung der Gleichgewichtslimitierung der Reaktion, um über geeignete Maßnahmen höhere Stoffumsätze und Methanausbeuten zu erzielen. Nach dem Prinzip von Le-Chatelier (Prinzip vom kleinsten Zwang) kann die Lage des chemischen Gleichgewichts durch das Verhältnis der beteiligten Reaktanden zueinander in weiten Grenzen verschoben werden. Hierbei wird idealerweise das Wasser als Reaktionsprodukt entfernt, um hochkonzentriertes Methan zu erhalten. Für diese Trennaufgabe sind Membranen mit spezifischer Selektivität für Wasser(dampf) unter Zurückhaltung der weiteren Komponenten H2, CO2 und CH4 besonders geeignet. Sinnvoll wird die Reaktion bei hohem Druck ausgeführt (z.B. H2 aus der Hochdruckelektrolyse). Bei Verwendung eines Membranreaktors verbleibt Methan auf der Hochdruckseite und muss gegebenen-falls für eine Einspeisung ins Erdgasnetz nicht komprimiert werden.

Methanol ist der einfachste Vertreter der Alkohole und eine wichtige Grundchemikalie in der chemischen Industrie. Die Herstellung erfolgt dabei i. d. R. aus Synthesegas (CO und H2) nach dem Niederdruckverfahren bei 50-100 bar. Im Zuge der Zielstellung zur Nutzung von CO2 wird verstärkt versucht, dieses für die Methanol-Synthese einzusetzen. Im Vergleich zur Nutzung von Synthesegas resultieren daraus spezifische Probleme, insbesondere die Bildung von Wasser während der Reaktion. Der komplex zusammengesetzte Katalysator (meist Cu mit ZnO auf einem Träger sowie evtl. weitere Komponenten) wird durch das entstehende Reaktionswasser degradiert, diese Inhibierung senkt die Produktivität der Reaktion deutlich. Da es sich ebenfalls um eine Gleichgewichtsreaktion handelt, gelten vergleichbare Ansätze wie zur Herstellung von Methan aus CO2 und Wasserstoff. Infolge dessen ergeben sich durch die in-situ Abtrennung von Wasser deutliche Vorteile bezüglich der Katalysatoraktivität und der Gesamtproduktivität der Reaktion. In der wissenschaftlichen Literatur finden sich hauptsächlich Konzeptstudien und theoretische Betrachtungen zum Einsatz von Membranen in der Methanolsynthese, die übereinstimmend höhere Methanolausbeuten voraussagen. Die Anforderungen an die Membran sind in der Methanolsynthese andere als für den Sabatierprozess. So ist der Druck in der Methanolsynthese mit mindestens 50 bar deutlich höher, so dass ein spezieller Fokus auf die Druckstabilität gelegt werden muss.

Weitere Informationen zur Entwicklung von Katalysatoren und der Kopplung mit Membran finden Sie hier.

 

Durch Pyrolyse von Kohlenwasserstoffen entstehen Kohlenstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften, die für Wasser selektiv permeabel sein können. Das IKTS konnte durch Abscheidung sehr dünner Kohlenstoffschichten (< 1 µm) aus unterschiedlichen Precursoren erstmalig molsiebende Membranen ausgezeichneter Selektivität und mit sehr hohen Flüssen präparieren. Auf Grund der Verwendung poröser keramischer Trägerrohre können die Membranen mit erhöhtem Druck betrieben werden, was für den Sabatierprozess und die Methanolsynthese aus H2 und CO2 essentiell ist.

Weitere Informationen zur Herstellung wasser-selektiver Membranen finden Sie hier.

 

Beispiel 2): Membranreaktoren für chemische Stoffsynthesen: GtL

 

Mittels einer gezielten Edukt-Dosierung über eine Membran kann die Selektivität einer chemischen Reaktion gesteigert werden, außerdem werden unerwünschte Bestandteile zurückgehalten. Ein potentes und industriell relevantes Beispiel für solch eine gezielte und homogene Dosierung ist die Separation von Sauerstoff (O2) aus Luft mittels Membranen und die mit diesem separierten Sauerstoff durchgeführte partielle Oxidation von Kohlenwasserstoffen (z.B. Erdgas) zu Synthesegas. Diese Reaktion hat besondere Bedeutung zur Nutzung von Erdölbegleitgas, welches häufig abgefackelt wird sowie zur Nutzung von Shalegas.

Die Erzeugung von Synthesegas durch die partielle Oxidation (POx) aus Methan ist ein bedeutender Prozessschritt in der Erzeugung von synthetischen Kraftstoffen und Grundstoffen für die chemische Industrie. Dabei wird Methan partiell zu H2 und CO oxidiert. Die Bereitstellung des erforderlichen Sauerstoffs verursacht die Hauptkosten dieses Verfahrens. Die Integration keramischer O2-permeabler Membranen in Syngas-Reaktoren wird seit ca. 20 Jahren im Labormaßstab weltweit intensiv bearbeitet. Entsprechende Labor-Membranreaktoren enthalten als zentrale Komponente die Membran in einer extern beheizten Reaktorhülle. Die Membran verhindert den direkten Kontakt zwischen Methan und Luft, im Methan-gefüllten Gasraum wird ein Katalysator platziert, an dem die Reformierungsreaktion abläuft.

Im Rahmen dieser Untersuchungen werden O2-permeable Membranen entwickelt und charakterisiert. Die keramische Membran wird bei hohen Temperaturen leitfähig für Oxidionen und für elektronische Ladungsträger (Elektronen oder Defektelektronen). Ist die Konzentration des Sauerstoffs auf beiden Seiten der Membran unterschiedlich, wirkt das Partialdruckverhältnis als Triebkraft für den Transport von Sauerstoff von der sauerstoffreichen zur sauerstoffarmen Seite der Membran. Der Transport der elektronischen Ladungsträger erfolgt in entgegengesetzter Richtung. Bei Auswahl geeigneter Membranmaterialien können die Reaktionsbedingungen so geregelt werden, dass entweder im Bereich der katalytischen partiellen Oxidation (CPOx) bei Temperaturen von 800 °C bis 900 °C oder im Bereich der thermischen partiellen Oxidation (TPOx) bei Temperaturen von 1200 °C und darüber gearbeitet wird.

Weitere Informationen zur Entwicklung O2-permeabler Membranen finden Sie hier.

 

Der Einsatz von wasserstoffselektiven Membranen in Syngas-Reaktoren im GTL Prozess kann die Verwendungsmöglichkeiten des erzeugten Synthesegases erweitern. Durch Variation des CO/H2- Verhältnisses wird die Zusammensetzung des Produktgemisches der Fischer-Tropsch-Synthese beeinflusst. Bei den H2-Membranen kommen grundsätzlich zwei Membrantypen für Synthesegaserzeugung in Betracht: metallische Membranen (Palladium) und keramische Membranen. Palladium und seine Legierungen (hauptsächlich Palladium/Silber) haben sich als besonders geeignet für eine Abtrennung von Wasserstoff aus Gasgemischen bei Temperaturen über 300°C erwiesen, da sie weitestgehend stabil sind und eine hohe Permeabilität für Wasserstoff besitzen. Neben Palladium sind auch gemischt leitende keramische Membranen auf Basis von Mischoxiden (z. B. substituiertes Bariumcerat und Lanthanwolframat) für die Wasserstoffabtrennung geeignet.

Weitere Informationen zur Entwicklung H2-permeabler Membranen finden Sie für metallisch basierte Systeme hier sowie für keramisch basierte Systeme hier.