Forschung aktuell
Das Fraunhofer IKTS-Spin-off POXOS® (Pure Oxygen On Site) bietet die Entwicklung, den Bau und Verkauf von Membrananlagen zur bedarfsgerechten Herstellung von reinem Sauerstoff (> 99,8 Vol.-% O2) vor Ort. Die Technologie basiert auf MIECMembranen (Mixed Ionic Electronic Conductor). Ihre Durchlässigkeit für O2 beruht auf der kombinierten Leitfähigkeit für Oxidionen und elektronischen Ladungsträgern bei hoher Temperatur. Die Erzeugung von Sauerstoff direkt beim Endnutzer ist vor allem bei kontinuierlichem Bedarf und geringen bis mittleren Durchsätzen wettbewerbsfähig. Bisher wird dafür die Druckwechseladsorption (PSA – Pressure Swing Adsorption) eingesetzt. Sie erreicht bei einem Energiebedarf von > 0,9 kWh/Nm3 O2 jedoch nur eine Reinheit von 95 Vol.-% O2 im Produktgas. Einen ähnlichen Energiebedarf hat tiefkaltes Flüssig-O2 (Liquid Oxygen oder LOx; > 0,81 kWh/Nm3 O2). LOx wird durch kryogene Luftzerlegungsanlagen (LZA) hergestellt, die typischerweise Gase hoher Reinheit liefern. Energetisch effizient sind diese Anlagen aber nur bei sehr hohen Gasdurchsätzen (z. B. Stahlwerken). Viele Gaskunden werden deshalb aufwändig mit LOx oder Druckgasflaschen beliefert. Bei geringem O2-Bedarf sind die Preise entsprechend hoch.
Hier setzt die geplante Ausgründung des Fraunhofer IKTS an: POXOS®-Generatoren benötigen für die O2-Herstellung nur etwa 25 % der Elektroenergie einer PSA-Anlage oder von LOx. Zusätzlich wird allerdings Hochtemperatur-Prozesswärme benötigt. Brenngase sind pro kWh jedoch deutlich günstiger als Strom und in vielen Fällen können beim Anwender vorhandene, preiswerte Schwachgase zur Beheizung genutzt werden (z. B. Klärgas, Deponiegas, Biogas, Gichtgas oder Grubengas). Da die Energiekosten einen Großteil der Betriebskosten der POXOS®- Generatoren ausmachen, sind gegenüber einer O2-Versorgung mit PSA oder einer Belieferung deutlich geringere laufende Kosten möglich. Legt man diese mit der Abschreibung der erforderlichen Investition auf die produzierte O2-Menge um, so ergeben sich sehr niedrige O2-Preise. Auch die CO2-Emissionen von POXOS® sind bis zu 60 % niedriger als bei PSA-Generatoren oder der LZA. Dies liegt einerseits am geringeren Strombedarf, andererseits an niedrigeren CO2-Emissionen pro kWh für Brenngase im Vergleich zum deutschen Strommix.
Die Entfernung von Mikroschadstoffen oder Spurenstoffen (z. B. Arzneimittel, Pestizide etc.) aus dem Abwasser erfordert zunehmend eine Ausstattung der Kläranlagen mit einer 4. Reinigungsstufe. In dieser wird unter anderem die Ozonung eingesetzt, bei der die Spurenstoffe mit Ozon (O3) oxidativ gecrackt und beseitigt werden. Die Kosten für den einhergehenden Sauerstoffbedarf können mit POXOS®-Generatoren um bis zu 80 % reduziert werden. Das liegt auch daran, dass das aus dem Abwasser austretende Off-Gas einen hohen O2-Gehalt aufweist und dem POXOS®-Generator wieder zugeführt werden kann. Abhängig vom O2-Preis, den Preisen für Strom und Wärme und der Beheizungsart (elektrisch oder Klärgas-Verbrennung) amortisieren sich die POXOS®-Generatoren in ca. drei Jahren.
Seit September 2023 ist ein rein elektrisch betriebenes Vorseriengerät im Referenzbetrieb am Gemeinschaftsklärwerk Bitterfeld- Wolfen (GKW BiWo) im Einsatz. Anfänglich kam es zu Überhitzungen des Container-Innenraums. Nach dem Ausschleusen der heißen Abluft läuft das Gerät stabil. Regelmäßige An- und Abschaltungen haben keinen Einfluss auf die Betriebssicherheit und auch ein Abfall des O2-Durchsatzes konnte bisher nicht detektiert werden. Der Test demonstriert die zuverlässige Funktionsfähigkeit der POXOS®-Generatoren und ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Marktreife. Das Vorhaben EXIST-Forschungstransfer: poXGen wird im Rahmen des EXISTProgramms durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und den Europäischen Sozialfonds gefördert.