Forschung aktuell
Für eine Vielzahl industrieller Aufgaben werden schnellschaltende Pneumatikventile benötigt, die einen Luftstrom in wenigen Millisekunden steuern können. Typische Anwendungen sind Bestückund Sortieraufgaben, aber auch Sicherheitsschnellabschaltungen ganzer Anlagen. Bisher genutzte Ventile auf Basis von Elektromagneten stoßen in Bezug auf Baugröße, Schaltgeschwindigkeit und Lebensdauer an ihre Grenzen. Das Fraunhofer IKTS untersucht derzeit im BMBF-Verbundprojekt »SMS2.0« das Potenzial magnetischer Formgedächtnislegierungen (FSMA) für diese und weitere Anwendungen. FSMA sind metallische Einkristalle mit verzwillingter Kristallstruktur reduzierter Symmetrie und hoher Sättigungsmagnetisierung. Durch extrinsisch induzierte Ummagnetisierung resultiert eine starke magnetomechanische Kopplung. Es kommt zu einer Orientierungsänderung in der Kristallstruktur und in der Folge zu einer Längenänderung des FSMAAktors. Dieser Prozess ist sehr schnell, woraus sich das Potenzial für schnellschaltende Aktoren ableitet. Im Vergleich zu konventionellen Elektromagneten zeigen FSMA jedoch ein grundlegend anderes Wandlerverhalten, das durch eine starke Nichtlinearität verbunden mit Hysteresen gekennzeichnet ist. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, FSMA-basierte Antriebe modellbasiert auszulegen. Am IKTS werden dazu FSMA-Elemente charakterisiert, Modelle für den Systementwurf derartiger Antriebe entwickelt und in numerische Auslegungswerkzeuge implementiert. Die Charakterisierung der FSMA-Elemente erfolgt an einem selbstentwickelten, magneto-mechanischen Prüfstand (Bild 1). Dabei können beliebige mechanische und magnetische Lastverläufe vorgegeben werden. Es wird ein skalarer makroskopischer Modellierungsansatz verfolgt. Derzeit kommt ein bivariates Tellinen-Modell zum Einsatz, das sehr einfach aus den gemessenen Hysteresegrenzflächen, die den maximalen Arbeitsraum begrenzen, parametriert wird (Diagramm). Die Modelle werden in Modelica, einer Modellierungssprache für multiphysikalische Systeme räumlich konzentrierter Elemente, implementiert. Somit lässt sich die Wechselwirkung des Festkörperwandlers mit weiteren Systemkomponenten, wie der Ansteuerelektronik, dem Elektromagneten und der nichtlinearen mechanischen Last berücksichtigen (Bild 2).
Die dargestellte Methodik findet derzeit für die Auslegung pneumatischer Ventile Verwendung. Durch eine angepasste Magnetanregung und Ventilmechanik werden in ersten Mustern Schaltzeiten unter 1 ms erreicht.