Autoren: Anna Knollmann | Anika Peucker

Schädlingsbefall erkennen – die Abhörtaktik

Befallene Getreidepartie bei Labormessungen mit geschlüpften Kornkäfern.
Befallene Getreidepartie bei Labormessungen mit geschlüpften Kornkäfern.

Winterzeit. Zeit der Ruhe für Tiere und Pflanzen. Zuvor vergruben die Eichhörnchen ihre gefundenen Nüsse. Der Igel fraß sich vor seinem Winterschlaf noch einmal Speck an. Wir Menschen haben es hingegen einfach. Unsere Bauern lagerten in den Sommermonaten einen Großteil ihrer Ernte in Silos ein. Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) lag die deutsche Getreideernte 2019 insgesamt bei ca. 40,9 Millionen Tonnen. So können wir auch in den erntefreien Monaten aus den Vorräten schöpfen.

Aber nicht nur wir lieben und bedienen uns an unserem Getreidevorrat. In zwei bis vier Prozent der Getreideschüttungen nisten sich Schädlinge ein. Durch Fraß- und Stoffwechselprozesse der Schädlinge steigen die Temperatur und die Feuchtigkeit in den Getreidelagern an. Das wiederum ruft Milben und Schimmel auf den Plan. Sie breiten sich in den Silos aus. Sobald Schimmelgifte das Getreide befallen haben, wird es für Mensch und Tier ungenießbar und muss entsorgt werden.

IKTS-Technologie hilft Getreideschädlinge frühzeitig zu entdecken

Um die Ernte zu schützen, entwickelte das Fraunhofer IKTS eine Technologie, die Schädlinge im Getreide frühzeitig entdeckt. Die landwirtschaftlichen Betriebe können somit eine weitere Ausbreitung der Insekten im Korn verhindern.

Wie entlarven nun aber die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Schädlinge wie Getreideplattkäfer, Kornkäfer oder Getreidekapuziner? – Sie detektieren automatisiert die Biosignale der Tiere, beispielsweise ihre Fress- und Krabbelgeräusche, und klassifizieren sie mittels Algorithmen in einer Signalverarbeitungsbibliothek. Eine solche Bibliothek zur akustischen Mustererkennung entsteht jedoch nicht von selbst. Die Forschenden müssen Geräuschproben von Schädlingen über längere Zeit aufzeichnen. Das nicht nur von den geschlüpften Käfern, sondern von den unterschiedlichen Entwicklungsstadien: von der Larve über die Pupe bis zum Käfer. Im Anschluss wird die Datenmenge verdichtet und mit der Signalverarbeitungsbibliothek auf der Mikrocontrollerplattform implementiert.

Wie zeichnen die IKTS-Mitarbeitenden die Geräusche auf?

Die Forschenden stellten dafür ein Messsystem her, welches durch seine piezoelektrischen Sensoren, Fressgeräusche aufzeichnet und lokalisiert, sodass Rückschlüsse auf vorhandene Schädlinge in den Getreideschüttungen gezogen werden können. Das Messgerät gibt es als Handprüfgerät und Netzwerkvariante. Seine Handhabung wurde unter verschiedenen Lagerbedingungen geprüft und dabei die Geräuschdetektion unter realen Bedingungen erfolgreich getestet.

Die Erkennungstechnologie soll in Zukunft Getreide- und Produktionslager, Silos sowie Getreidetransportsysteme zeitweise oder permanent überwachen. Zur allgemeinen Lagerinspektion kann das Handprüfgerät verwendet werden. Für die dauerhafte Überwachung des Korns steht das Sensornetzwerk zur Verfügung. Perspektivisch ist die Technologie neben Getreide auch auf die Kontrolle anderer Lebensmittel übertragbar. Dafür kommen z. B. Buchweizen, Mehl, Kleie, Mandeln, Erdnüssen, Erbsen, Bohnen oder Sojabohnen in Frage. Denn auch sie werden häufig von Schädlingen befallen.

Muster eines möglichen Prüfgerätes.
© Evonta-Service GmbH
Muster eines möglichen Prüfgerätes.


Die Arbeiten wurden mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Verbundprojekt »SafeGrain« zusammen mit den Verbundpartnern WTK Elektronik GmbH und EVONTA-Service GmbH durchgeführt (Förderkennzeichen 100218316, SAB Sächsische Aufbaubank).