autartec®-Systeme zur dezentralen Wasseraufbereitung

Forschung aktuell

autartec® »FreiLichtHaus« (Quelle: Fraunhofer IVI).
© Fraunhofer IKTS
Häusliches Grauwasser.

Motivation und Hintergrund

 

Autarke, flexibel einsetzbare dezentrale Versorgungs- und Speichersysteme für Strom, Wärme und Wasser gewinnen einerseits in ländlichen Regionen an Bedeutung, da infolge des demographischen Wandels vielerorts ein Infrastrukturrückbau erforderlich wird. Andererseits ermöglichen sie weltweit das Wachstum von Städten in Regionen mit stark steigenden Bevölkerungszahlen unabhängig vom Ausbau der Versorgungsnetze. Sie helfen darüber hinaus, die Resilienz urbaner Strukturen gegenüber extremer werdenden Natureinflüssen zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund hat sich in und um die Lausitzer Region mit dem autartec®-Bündnis eine Gemeinschaft aus elf Unternehmen und vier Forschungseinrichtungen gebildet, um solche Systeme zu entwickeln und in klassische Gebäudestrukturen wie Wände, Decken und Treppen modular zu integrieren. Diese Bauteile können kostengünstig vorgefertigt und leicht in Neu- und Bestandsbauten verwendet werden. Die Ergebnisse werden
in Form eines schwimmenden Hauses (»FreiLichtHaus«, Bild 1) demonstriert, welches den Autarkie-Gedanken in besonderer Weise verkörpert. Im Rahmen des Förderschwerpunkts »Unternehmen Region« wird das autartec®-Bündnis mit 8,2 Millionen Euro über einen Zeitraum von drei Jahren vom BMBF unterstützt. Das Fraunhofer IKTS hat in diesem Verbund unter anderem die Aufgabe, chemie- und biologiefreie Systeme für die Trinkwasser- und Abwasseraufbereitung zu entwickeln und praxisnah zu erproben.

 

Zielstellung

 

Dezentrale Abwasserbehandlungsanlagen gibt es bereits, sie basieren in der Regel auf biologischen Verfahren, was ihre Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit einschränkt. Bestimmte Inhaltsstoffe, wie zum Beispiel Medikamentenrückstände werden von ihnen nicht abgebaut. Die Systeme können zudem nicht beliebig zu- und abgeschaltet werden und sind daher wenig flexibel. autartec®-Wasserbehandlungssysteme weisen diese Probleme nicht auf, da sie auf der Verbindung rein physikalisch-chemischer Verfahren, wie Filtration, Elektrolyse und Photokatalyse beruhen. Das Entwicklungsziel besteht nun darin, Reaktoren und Prozessketten zu entwickeln, bei denen diese Methoden auf engstem Raum mit hoher energetischer Effizienz kombiniert werden können, um Abwasser zu Trinkwasser aufzubereiten. Möglich wird das durch den Einsatz funktionalisierter und hochstabiler keramischer Materialien und Bauteile, wie Membranfilter und zellulare Formkörper. Ergebnisse zeigen, dass diese Schlüsselkomponenten sehr effektiv eingesetzt werden können.

 

© Fraunhofer IKTS
Membranmodul für die getauchte Anwendung.
© Fraunhofer IKTS
Photokatalysemodul.

Ergebnisse

 

In einem ersten Schritt wurden flexibel kombinierbare und dauerbetriebsfähige Versuchsstände für die einzelnen Verfahrensstufen aufgebaut. Mit ihnen lässt sich die gesamte Prozesskette im Technikumsmaßstab abbilden. Auf Basis von Analysen zur Zusammensetzung von originalen häuslichen Grauwässern wurden Standardrezepturen zur Herstellung synthetischer Modellwasserfraktionen entwickelt (z. B. Dusche, Waschmaschine, Spüle), um die Versuche unter reproduzierbaren Bedingungen durchführen zu können. Es zeigte sich, dass durch den Einsatz keramischer Membranen sowohl im Cross- als auch im Gravity-Flow-Betrieb betriebsstabil partikel- und bakterienfreie Permeate erzeugt werden und in einer nachgeschalteten oxidativen Behandlung von organischer Restbelastung vollständig befreit werden können.

Dabei war es möglich, im schwerkraftgetriebenen Betrieb Permeatflüsse von bis zu 30 L/(m²h) zu erzeugen. Die Versuchsergebnisse zur Grauwasseroxidation zeigen, dass sowohl der elektrochemisch als auch der photokatalytisch initiierte Abbau von organischen Verunreinigungen, insbesondere von schwer abbaubaren Spurenstoffen, wie beispielsweise das Analgetika Diclofenac, energieeffizient möglich ist. Selbst während der Behandlung entstehende Intermediate können vollständig mineralisiert werden. Parallel zu den praktischen Versuchen erfolgte auf Basis umfangreicher Nutzungsanalysen und Lastfallbetrachtungen die Konzeption eines integrierten Wasserver- und -entsorgungssystems (WVES) mit weitgehend geschlossenen Kreisläufen. Eine besondere Herausforderung ist dabei die Maßgabe, sparsam mit Energie umzugehen, da diese im regenerativ versorgten, autarken »FreiLichtHaus« nur begrenzt zur Verfügung steht. Den Schwerpunkt der weiteren Entwicklungsarbeiten bildet die optimale Abstimmung des technischen Zusammenwirkens der Einzelkomponenten hinsichtlich Reinigungseffizienz sowie Betriebsverhalten.

 

Ausblick

 

Anfang 2017 ist die Integration und Demonstration der entwickelten Komponenten in einem schwimmenden, autarken »FreiLichtHaus« in der Lausitzer Seenlandschaft geplant. Damit wird die Voraussetzung geschaffen, die Systeme im praktischen Betrieb weiter zu verbessern und mit Hilfe dieser attraktiven und unikalen Akquisitionsplattform neue Partner in der Verwertung und Anwendung der chemie- und biologiefreien  Wasseraufbereitungssysteme zu gewinnen.