Biologische Materialanalytik

Gruppe

Die Arbeitsgruppe »Biologische Materialanalytik« entwickelt präklinische, zellbasierte Testmodelle für die biologische Beurteilung medizinischer Produkte.

Die Entwicklung bio- und immunkompatibler medizinischer Produkte, wie Medizinprodukte und Arzneimittel, erfordert die Betrachtung der Wechselwirkung zwischen Materialien bzw. Wirkstoffen und der Biologie (Biomoleküle, Zellen und Gewebe), um diese sicher am und im Menschen einsetzen zu können.

Die Arbeitsgruppe »Biologische Materialanalytik« verfolgt deshalb einen interdisziplinären Ansatz. An der Schnittstelle von Medizinprodukt- bzw. Arzneimittelentwicklung und Immunbiologie werden Materialien, Substanzen und Wirkstoffe für industrielle Partner bewertet, sowie in Kooperation optimiert oder neu entwickelt. Dafür werden auch standardisierte, diagnostische Screening-Testverfahren entwickelt.

Im Mittelpunkt stehen zellbasierte Testszenarien, Testsysteme und Analyseverfahren für den In-vitro-Einsatz. Die entwickelten Prozesse bilden das Grundgerüst für die zu untersuchenden Fragestellungen. In der Umsetzung liegt der Fokus vor allem auf physiologischen Abläufen, d. h. Prozessen im Patienten. Mit solchen In-vitro-Prüfungen in der präklinischen Phase können die für den jeweiligen Anwendungszweck geeignetsten Materialien/Wirkstoffe zügig und zuverlässig identifiziert, bewertet und somit die Entwicklung neuartiger medizinischer Produkte beschleunigt werden. Den Testszenarien werden passende Annahmekritierien der Methodenentwicklung und -validierung zugrunde gelegt.

Die Fraunhofer IKTS-Arbeitsgruppe hat ihren Arbeitssitz am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI in Leipzig. Es bestehen enge Kooperationen zu Arbeitsgruppen am IZI mit dem Ziel Medizinprodukte und Zelltherapeutika für industrielle Anwendungen voranzubringen und entwicklungsbegleitend zu testen.

 

Immunzell-basierte Potency/Mode of Action-Assays zur Wirkstoffentwicklung

 

In der präklinischen Testung von Wirkstoffen sind Bioassays (Potency Assays) unabdingbar, um den gewünschten Wirkmechanismus zu untersuchen bzw. in vitro zu validieren.

Dafür wurden in der Arbeitsgruppe verschiedene Szenarien entwickelt:

1) Wegen ihrer Schlüsselrolle in Entzündungsprozessen wurden Makrophagen-basierte, standardisierte Inflammationsmodelle ausgearbeitet, anhand derer verschiedene inflammatorische oder immunmodulatorische Mechanismen untersucht werden.

2) Verschiedene Testabläufe zur Untersuchung der Wechselwirkung mit Makrophagen und/oder mesenchymalen Stammzellen (z. B. in der Knochenneubildung) stehen für Bioassays, Mode of Action, Funktions- bzw. Sicherheitsanalysen zur Verfügung.

 

Projekte zum Thema:

  • EU-HORIZON Kooperationsprojekt zum Thema “Next Generation BiOactiVe NAnocoatings“ (Projektakronym: NOVA)
  • Deutsch-Koreanisches AiF/ZIM-Kooperationsprojekt zum Aufbau eines markerfreien und spezifischen Analyseverfahrens zur standardisierten Evaluierung nicht-transparenter Biomaterialien in der Makrophagenaktivierung (Zellholographie/Lasergestützte Zelldissektion) – Kooperationsprojekt mit der HICS Company (Süd-Korea) und der LLS ROWIAK LaserLabSolutions GmbH (Deutschland)
  • Dissertationen im Rahmen des Fraunhofer Attract-Projekts zu den Themen »Entwicklung eines kombinierten In-vitro-Testverfahrens zur Bewertung der osteo-immunologischen Eigenschaften medizinischer Produkte«, »Untersuchung des Einflusses experimenteller Bedingungen auf die Differenzierung von THP-1 Zellen zu polarisierten Makrophagen«



© Fraunhofer IKTS
Etablierung eines Lab-Standards zur Response-Analyse eines Makrophagen-basierten Anti-Inflammationsmodells.
© Fraunhofer IKTS
Färbung der durch humane mesenchymale Stammzellen gebildeten extrazellulären Matrix (grün) ohne (A) und mit inflammatorischem Einfluss (B). Messbalken 100 µm.
© Fraunhofer IKTS
Inhibierung der Makrophagen-TNFα-Sekretion durch sekretorische Faktoren immun-aktivierter humaner mesenchymaler Stammzellen.

Neuartiges Prüfsystem (ClicKit-Well) für die biologische Materialtestung

 

Konventionell werden Materialien in vitro in Zellkulturplatten untersucht, was quantitative Vergleiche zwischen Materialien (Prüfkörpern), bspw. mit unterschiedlichen Geometrien, erschwert.

Zur verlässlichen Analyse von Oberflächen wurde das patentierte In-vitro-Testsystem ClicKit-Well entwickelt (DE 102018221415 B3). Mit seinen oberflächenstandardisierten Arealen (z. B. 96-Well-Format) auf Material-Prüfkörpern erlaubt es quantitative Vergleiche zwischen Materialien.

Weitere Informationen inkl. eines Videos zur Funktionsweise finden Sie am Ende der Seite im Downloadbereich unter »Biomaterialtestung 2.0 – Standardisiert, ressourcensparend: ClicKit-Well«

Projekte zum Thema:

  • BMWi – WIPANO-Projekt (Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen) mit dem Ziel der Entwicklung eines quantitativen Direkt-Zytotoxizitätstest (als Standardtestverfahren) für Medizinprodukte – Kooperationsprojekt mit Eurofins BioPharma Product Testing Munich GmbH und DIN (Projektakronym: ToxQuant)
  • EU-HORIZON Kooperationsprojekt zum Thema “Next Generation BiOactiVe NAnocoatings“ (Projektakronym: NOVA)
  • VDE/VDI BMBF VIP+ Kooperationsprojekt zum Thema „Universell einsetzbares In-vitro-Testsystem zur standardisierten, ressourcensparenden Durchführung von Biointerface-Studien" (Projektakronym: UniBioface)
  • Fraunhofer-Kooperation: IAP, IFAM, ICT innerhalb Simpromat (BMBF-gefördert; Förderkennzeichen: FKZ 01IO1902): Weiterentwicklung des eigens entwickelten In-vitro-Testsystem mit Fokus auf die serielle Fertigung einzelner Komponenten und die Anwendung im Bereich anti-viraler Testung

 

© Fraunhofer IKTS
Das In-vitro-Testsystem wurde analog zu Zellkulturplatten entworfen.
© Fraunhofer IKTS
Die gängigen Zellkulturformate 96-, 48-, 24-Well sind als Module nach Belieben austausch- und einsetzbar.
© Fraunhofer IKTS
Prüfkörper in verschiedenen Dimensionen und Geometrien können untersucht werden. Beim Schließen des In-vitro-Testsystems werden standardisierte Oberflächen gebildet und wasserdicht verschlossen.

Biologische Materialanalytik für medizinische Produkte

 

Etablierung Makrophagen-basierter Bioassays (Potency Assays), Screening- und Mode of Action-Assays für Service und Transfer

  • Testung des immunmodulatorischen Potenzials von Wirkstoffen, Materialien oder Substanzen
  • Testung der Zytotoxizität von Makrophagen in Form von aktiven Substanzen, Materialextrakten oder im direkten Zell-Materialkontakt
  • Immuntoxikologische Untersuchungen (analog ISO 10993-10, -20 und -22)
  • Zelllinienbasiert und/oder Einsatz von Primärzellen (human)

 

Untersuchung zum Einfluss von Materialien und Wirkstoffen auf die Knochenbildung

  • Entwicklung/Etablierung standardisierter In-vitro-Testszenarien (»New Bone« Assay)
  • Kombinierte Analyse zu osteo-immunologischen Eigenschaften von Testmaterialien/-wirkstoffen in der Knochenbildung in vitro
  • Differenzierungs-Assays zelllinienbasiert oder mit Knochenmark-Primärzellen (human)

 

Biologische Beurteilung von Materialien (im Rahmen von Forschung und Entwicklung) analog DIN EN ISO 10993

  • In-vitro-Zytotoxizitätstests analog zur ISO 10993 zur Beurteilung der Biokompatibilität (Extrakttests, Zytotoxtest/Adhäsionsassay im direkten Zellkontakt

Methodenentwicklung

  • Entwicklung geeigneter Methoden und Analyseverfahren zur biologischen Evaluierung von Biomaterialien/Medizinprodukten sowie Wirkstoffen/Arzneimitteln für industriell-transferierbare Screening-Assays
  • Entwicklung neuer immun- und zellbiologischer Assays, u.a. für die direkte Anwendung auf Materialoberflächen
  • Machbarkeitsstudien und Validierungsstudien
  • Etablierung und Validierung markerfreier/zerstörungsfreier Analysemethoden
  • Entwicklung geeigneter (je nach Fragestellung angepasster) Testabläufe, inkl. Kontrollen, und Erstellung entsprechender Protokolle (SOPs)

 

Analytik

  • Zell-Sekretom (z. B. ELISA, Luminex)
  • Oberflächenmarker (z. B. Immunfluoreszenz-Mikroskopie, FACS)
  • Genexpression (qPCR)
  • Enzymaktivitätsbestimmung
  • Biochemische Assays (z. B. Protein-, Kalziumbestimmung)
  • MSC-Charakterisierung nach ISCT-Kriterien (inkl. Immunpotenzial)
  • Zerstörungsfreie bildgebende Verfahren (u.a. Digitale holographische Mikroskopie (im Aufbau))

 

Weitere Kompetenzen der Arbeitsgruppe »Biologische Materialanalytik«:

  • Regulatorische Fragestellungen für Medizinprodukte (Medical device regulation, EU 745/2017)
  • Aktive Mitarbeit ISO 10993 (Mitglied im DIN-Gremium NA 027-07-12 AA / Experte in ISO TC194, Ansprechpartnerin: Dr. Susanne Kurz)
  • LEAN-Prinzipien/Prozessoptimierung
  • New Work

Ausgewählte Projekte und aktuelle Forschungskooperationen

 

  • VDE/VDI BMBF VIP+ Kooperationsprojekt zum Thema „Universell einsetzbares In-vitro-Testsystem zur standardisierten, ressourcensparenden Durchführung von Biointerface-Studien" (Projektakronym: UniBioface)
  • EU-HORIZON Kooperationsprojekt zum Thema “Next Generation BiOactiVe NAnocoatings“ (Projektakronym: NOVA)
  • BMWi – WIPANO-Projekt (Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen) mit dem Ziel der Entwicklung eines quantitativen Direkt-Zytotoxizitätstest (als Standardtestverfahren) für Medizinprodukte – Kooperationsprojekt mit Eurofins BioPharma Product Testing Munich GmbH und DIN (Projektakronym: ToxQuant)
  • Deutsch-Koreanisches AiF/ZIM-Kooperationsprojekt zum Aufbau eines markerfreien und spezifischen Analyseverfahrens zur standardisierten Evaluierung nicht-transparenter Biomaterialien in der Makrophagenaktivierung (Zellholographie/Lasergestützte Zelldissektion) – Kooperationsprojekt mit der HICS Company (Süd-Korea) und der LLS ROWIAK LaserLabSolutions GmbH (Deutschland) (Projektakronym: ImplantHoloCut)
  • Fraunhofer SME-Kooperationsprojekt (IKTS und IMWS) Prozessoptimierung zur Evaluierung desensibilisierender Zahnpflegeprodukte über die Herstellung einer artifiziellen Dentinstruktur auf Keramikbasis (Projektakronym: ArtDentin)

 

Publikationen

 

Referenzen | Patent

  • Ißleib, C.; Spohn, J.; Kurz, S. (2018). Anordnung zur Durchführung von in vitro Biokompatibilitätsprüfungen. DE102018221415, Espacenet 2020/03/13 [LINK].

 

Aktuelle Publikationen

  • Ißleib C.; Kurz S.; Scholl S.; Amberg B.; Spohn J. Plasticity of proinflammatory macrophages depends on their polarization stage during human  MSC immunomodulation—an in vitro study using THP-1 and human primary macrophages. Immuno 1(4) (2021) 518-528.
  • Blaschke, D.; Pahlow, S.; Fremberg, T.; Weber, K.; Müller, A. D.; Kurz, S.; Spohn, J.; Dhandapani, V.; Rebohle, L.; Skorupa, I.; Schmidt, H. Functionalized silicon substrates with stripe-patterned surface-near electrostatic forces for the self-organized, stable immobilization of biomolecules. Applied Surface Science 545 (2021) 148729.
  • Balakin, S.; Yun, Y.-S.; Lee, J.; Kang, E.-H.; Spohn, J.; Yun, I.-S.; Opitz, J.; Cuniberti, G.; Yeo, J.-S. In vitro characterization of osteoblast cells on polyelectrolyte multilayers containing detonation nanodiamonds. Biomed. Mater. 15 (2020) 055026.
  • Balakin, S.; Dennison, N. R.; Klemmed, B; Spohn, J.; Cuniberti, G; Romhildt, L.; Opitz, J. Immobilization of Detonation Nanodiamonds on Macroscopic Surfaces. Appl. Sei. 9 (2019) 1064.
  • Spohn, J.; Markhoff, J.; Tillmann, J.; Krogull, M.; Pisowocki, P.; Bader, R. Direct Influence of titanium and zirconia particles on the morphology and functionality of mature human osteoclasts. J Biomed Mater Res A. 105 (2017) 36114.

Dieser Link (ResearchGate) führt Sie zu (weiteren) Publikationen zur biologischen Materialanalytik von Dr. Juliane Spohn.

Forschung aktuell

Knochenneubildung nach akuter Entzündung – Bewertung in vitro

Forschung aktuell

Biomaterialtestung 2.0 – Standardisiert, ressourcensparend: ClicKit-Well