Autorin: Fanny Pohontsch

#diensttalk mit Dr. Bianca Weihnacht über Windenergie auf See und Profi-Gamer

Das Porträt am Dienstag. Beim #diensttalk geben Mitarbeitende einen kleinen Einblick hinter die Kulissen von Europas größter Einrichtung für Keramikforschung und verraten, was sie bei ihrer Forschung antreibt.

Die hohe Windgeschwindigkeit auf See macht Offshore-Windparks zu den verlässlichsten regenerativen Energiequellen. Welche Rolle spielt dabei die Sensormanschette, die im Video zu sehen ist?

Damit das volle Leistungspotenzial einer Offshore-Windkraftanlage ausgeschöpft werden kann, muss sie natürlich intakt sein. So eine Anlage besteht aus vier wesentlichen Sektionen: dem Rotorbereich, Tower, Transition Piece mit Arbeitsplattform und der Gründungsstruktur, die die Anlage stabil im Meeresboden verankert. Die Wartung dieser erfolgt bislang per Sichtinspektion. Dafür werden Taucheinsätze organisiert – wetterabhängig und teuer. Mit der Sensormanschette lässt sich der Zustand dieser Gründungsstruktur per Ultraschall unter Wasser automatisiert in Echtzeit überwachen – ob z. B. ein Riss in der Schweißnaht zwischen Transition Piece und Gründungsstruktur entsteht – und die Anlage wirtschaftlicher betreiben. Denn durch Permanentüberwachung werden Reparaturen besser planbar und können bestmöglich terminiert werden.

 

Aggressives Salzwasser, maritimer Bewuchs, starke Drücke unter Wasser – all das setzt so einem Stahlkonstrukt zu und hat sicher auch die Entwicklung der Sensormanschette vor Herausforderungen gestellt?

Definitiv. Aber zusammen mit unserem interdisziplinären Team – wir sind Materialwissenschaftler, Elektrotechniker, Maschinenbauingenieure und ich selbst bin Geophysikerin – konnten wir eine robuste Lösung finden, die dauerhaft in der Meerestiefe verbleiben kann: Extrem flache piezokeramische Scheibchen fungieren als Ultraschallsensoren und werden durch zusätzliches Einlaminieren vor eindringendem Meerwasser geschützt. Mehrere Meter im Durchmesser ist so eine Gründungsstruktur breit. Je nach Umfang sind bis zu 30 dieser Sensoren in die Manschette integriert. Die Datenauswertung erfolgt dann per Bildgebungsverfahren bereinigt um Umweltfaktoren wie Luftfeuchtigkeit und Temperatur, die sich auf die Signale auswirken.

 

Ihr habt die Manschette im Ostsee-Windpark Baltic 1 erprobt. Wie war das für dich?

Genau, ein halbes Jahr lang hat die Manschette in 18 Metern Tiefe gemessen und detektiert, bevor wir sie wieder geborgen haben, um weitere messtechnische Optimierungen vorzunehmen. Die Expedition fand bei Windstärke 9 statt – das Ankern des schaukelnden Schiffs in den peitschenden Wellen einige Kilometer vor den knapp 70 m hohen Riesen war Präzisionsarbeit für Kapitän und Crew. Gerade dadurch sind die Taucharbeiten eine große Herausforderung, die bei schlechten Wetterbedingungen mitunter abgebrochen werden müssen. Das ist dann schon eine große Enttäuschung nach der vielen Arbeit, die man mit der Vorbereitung der Ausfahrt hatte. Wenn aber alles wie hier klappt und man dann im Abendsonnenschein wieder zurückfährt, blickt man zufrieden auf den verschwindenden Windpark zurück und freut sich auf den nächsten Besuch.

 

Welches Ziel verfolgst du mit eurer Entwicklung in den nächsten fünf Jahren?

Persönlich freue ich mich, dass wir unsere Energie inzwischen ökologischer erzeugen können und wir mit unserer Forschung aktiv einen Beitrag dafür leisten können. Ich hoffe, dass wir mit intelligenten Wartungskonzepten wie der Sensormanschette die Attraktivität der Windkraft weiter steigern können. Technisch ist die Datenübertragung von der Manschette zur Wartungsstation noch ein Thema, das uns beschäftigt. Momentan kommuniziert ein ROV, ein Unterwasserroboter, der per Kabel vom Schiff aus mit Energie versorgt und von einem erfahrenen Piloten an Deck hochpräzise gesteuert wird – wahrscheinlich auch ein sehr guter Computerspieler – mit der Manschette. Diese überträgt ihre gesammelten Daten an den Roboter per WLAN. Meine Vision ist eine autarke Ganzzeitmessung, mit der sowohl die Ergebnisse als auch die benötigte Energie über weite Entfernungen kabellos direkt zum Betreiber übertragen werden können.

 

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Die Geophysikerin Bianca Weihnacht spricht über Windenergie auf See, ihre Ostsee-Expedition und verrät, was das mit Profi-Gamern zu tun hat.