Vorkommen und Verbleib von Mikroplastik im Meer: MICRO-FATE startet mit Pazifik-Expedition

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Bisher ist sehr wenig darüber bekannt, was mit Mikroplastik im Meer geschieht. Mit dem Projekt MICRO-FATE soll sich das ändern. Das internationale Projektteam will herausfinden, wo sich Mikroplastik im Meer ansammelt, wie es abgebaut wird und welche Effekte es auf die Umwelt hat. Eine fünfwöchige Expedition mit dem Forschungsschiff SONNE über den Pazifik markiert den Start des Projekts. Ziel ist es, Proben für die spätere Laboranalyse zu nehmen und zu konservieren sowie erste Versuche durchzuführen. Das Fraunhofer IKTS untersucht an Bord die wechselnden Eigenschaften von Plastikpartikeln durch Verwitterung und Fragmentierung.

© M. Hartig / Meyer-Werft
Forschungsschiff SONNE.
© Fraunhofer IKTS
Stahlbecken im Testbetrieb zur späteren Untersuchung, welchen Einfluss Sonnenstrahlung, Salzgehalt und Temperatur auf den Verwitterungsprozess von Plastik haben.

Millionen Tonnen Plastikabfälle gelangen jährlich über Flüsse, durch Wind und Abwässer ins Meer und verbleiben dort. Detaillierte Daten darüber, wo sich welche Mengen Plastik ansammeln, gibt es nicht. Die bisherigen Schätzungen beruhen auf Computermodellen, Einzeldaten und Beobachtungen aus der Luft. »Das wollen wir konkretisieren und herausfinden, was mit dem Plastik im Ozean passiert und welche Effekte Mikroplastik auf die Umwelt hat«, erklärt Projektleiterin Dr. Annika Jahnke vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Die Umweltchemikerin leitet das bis zum Jahr 2021 laufende und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt MICRO-FATE.

Am 30. Mai startet in Vancouver (Kanada) das Team von 19 Projektteilnehmern eine Expedition über den Pazifik. An Bord des Forschungsschiffs SONNE, das am 5. Juli in Singapur ankommen soll, sind vor allem Biologen, Ökotoxikologen und Chemiker. Sie werden während der Überfahrt an mehreren Stationen Proben sammeln – darunter auch im North Pacific Garbage Patch, einem der größten Müllteppiche im Pazifik – aber auch an weniger belasteten Orten.

Schwerpunkte

Proben aus dem Oberflächenwasser, der Wassersäule und vom Meeresboden sollen Aufschluss über die vertikale Verteilung der Kunststoffpartikel und mögliche Gradienten in Hinblick auf ihre Konzentration, Zusammensetzung, Alter und Bewuchs mit Biofilmen geben.

Die Analyse der Proben vom Meeresboden soll zudem Informationen über Plastikmaterial in den Sedimenten liefern und darüber, wo Mikroplastik im Meer verbleibt. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vermuten, dass sich die Mehrheit des Materials am Meeresboden ablagert. Sowohl die Sedimentproben als auch das Wasser werden außerdem auf Schadstoffe untersucht, um herauszufinden, welche Stoffe Mikroplastik an die Meeresumwelt abgibt oder daraus aufnimmt.

Ein weiteres Anliegen der Forscher ist es zu analysieren, wie sich die Polymerstruktur der Plastikpartikel infolge der Verwitterung verändert. Bisher wurde die Verwitterung zumeist im Labor am IKTS simuliert. Daher gibt es an Bord des Forschungsschiffs Stahlbecken, die mit Meerwasser gefüllt sind. »In denen wollen wir untersuchen, welchen Einfluss die Sonnenstrahlung, der Salzgehalt und die Temperatur auf den Verwitterungsprozess von Plastik haben, um vorherige Laborexperimente mit den Feldexperimenten zu validieren«, so Dr. Annegret Potthoff, Leiterin der Gruppe Pulver- und Suspensionscharakterisierung am IKTS.

Die Verwitterung hat zur Folge, dass Plastikgegenstände allmählich zerfallen und sich letztlich feine Polymerpartikel bilden. Diese neigen dazu, sich mit Mikroorganismen-Gemeinschaften zu Heteroaggregaten mit Biofilmen verbinden. Das Projektteam geht davon aus, dass diese Biofilme eine entscheidende Rolle für den Verbleib, den Transport und die Verwitterung von marinem Plastik spielen. Daher werden sie die Biofilme analysieren sowie deren Funktion und Rolle für biogeochemische Kreisläufe der Meeresumwelt untersuchen. Studien lassen vermuten, dass sich die kunststoffbesiedelnden Biofilme von anderen marinen mikrobiellen Gemeinschaften unterscheiden, und dass Plastik daher ein neuer Lebensraum für Mikroben in marinen Systemen ist – mit bisher unbekannten Folgen.

MICRO-FATE

Das Projekt MICRO-FATE steht für Characterizing the fate and effects of microplastic particles between hotspots and remote regions in the Pacific Ocean. An dem Projekt sind neben UFZ und IKTS Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde IOW und der Stockholm University SU in Schweden beteiligt. Dazu kommen das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung AWI und das Senckenberg Forschungsinstitut, die als Gastinstitutionen an der Expedition teilnehmen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt bis 2021 mit circa 820 000 Euro.

Themenserie Mikroplastik im IKTS-Blog: https://www.ikts.fraunhofer.de/de/blog

Aktuelle Informationen von der Reise auf dem Expeditionsblog: https://blogs.helmholtz.de/on-tour/