Autor: Anika Peucker

Dünger, Wasser, Bioenergie – Molkereireststoffe als »One Stop Shop« im geschlossenen Verwertungskreislauf

Trinken Sie gerne Milch? Viele unter uns mögen sie. Durchschnittlich ungefähr 52 Liter trank jeder von uns 2015 – so die Zahlen des Milch Industrie Verbandes. Dem nicht genug. Obendrauf kamen 6 Kilogramm Butter, 17 Kilogramm Joghurt und 25 Kilo Käse pro Kopf.

Bei der Produktion der verschiedenen Milcherzeugnisse fallen Reststoffe an, die halb- oder ungenutzt hohe Entsorgungskosten verursachen. Schade darum! Denn sie sind wertvoll, vorausgesetzt wir können sie einem geschlossenen Verwertungskreislauf zuführen. Bislang fehlten die Konzepte für einen solchen Wertstoffkreislauf. Jüngst ist es aber unseren Wissenschaftlern gemeinsam mit der Sachsenmilch Leppersdorf GmbH und der wks Technik GmbH gelungen, einen ausgeklügelten Verfahrensprozess dafür zu validieren. Jetzt wird bei der Entsorgung der Reststoffe nicht mehr nur Energie verbraucht, sondern mit einem Teil Biogas produziert. Aus den restlichen Substanzen werden außerdem noch Langzeitdünger und Wasser, das die Qualität von Trinkwasser erreicht, gewonnen. Doch der Reihe nach!

 

Granulierte Biomasse-Pellets zum Abbau organischer Substanz und zur Produktion von Biogas.
© Fraunhofer IKTS
Granulierte Biomasse-Pellets zum Abbau organischer Substanz und zur Produktion von Biogas.
Laborfermenter – Biogasreaktor im Labormaßstab.
© Fraunhofer IKTS
Laborfermenter – Biogasreaktor im Labormaßstab.
Produziertes und getrocknetes Magnesium-Ammonium- Phosphat (MAP). Es kann als direktes, hochwertiges und langsam nährstofffreisetzendes Düngemittel eingesetzt werden.
© Fraunhofer IKTS
Produziertes und getrocknetes Magnesium-Ammonium- Phosphat (MAP). Es kann als direktes, hochwertiges und langsam nährstofffreisetzendes Düngemittel eingesetzt werden.

Insgesamt eine runde Sache

Die Umwandlung erfolgt natürlich nicht in einem Schritt, sondern entlang einer Route aus komplexen physikalischen und bio-chemischen Reaktionen. Schon länger stellt Sachsenmilch aus der Melasse – so nennt man die Reststoffe der Molkeverwertung – Bioethanol her. Bioethanol ist Bestandteil von Biokraftstoffen und wird entweder zur Benzinbeimischung oder direkt für den Einsatz in Otto-Motoren genutzt. Bei der Bioethanolherstellung, das heißt der alkoholischen Gärung und Destillation der Melasse, bleibt die Dünnschlempe, der »Abfallstoff« aus diesem Prozessschritt, übrig. Die Dünnschlempe enthält aber werthaltige organische Säuren und Salze. Und genau um diese geht es. Wir konvertieren sie in Biogas, Dünger und Wasser.

Die organischen Substanzen vergären in anaerober Umgebung zu Biogas – eine der nachhaltigsten Formen zur Bioenergieerzeugung. Dazu braucht es einen Hochleistungsvergärungsreaktor. Mit dem erzielten unsere Wissenschaftler nun nach mehreren Versuchs- und Prozessoptimierungen einen Abbaugrad der organischen Substanz größer 95 Prozent und einen Methangehalt im Biogas von über 62 Volumenprozent im produzierten Biogas. Insgesamt ein diffiziles Verfahren. Doch es hat sich gelohnt: Beide Größen liegen über den üblichen Werten.

Im nächsten Schritt entsteht der Langzeitdünger. Dem beim Gären aufkommenden anorganischen Ammonium und Phosphat mischen die Wissenschaftler Reaktionschemikalien bei und trennen so die beiden Nährstoffe gezielt von anderen ab. Das Reaktionsprodukt ist dann ein Dünger, der gerade für Nutzpflanzen durch seinen Phosphorgehalt wertvoll ist.

Die Stoffe, die jetzt noch vom Gären übrig sind, werden nun mit einer robusten keramischen Nanomembran filtriert. Diese hält Partikel, Makromoleküle und höherwertige Salze zurück. Per Oxidation und Elimination von einwertigen Salzen via Umkehrosmose entsteht letztlich das Trinkwasser, das die gesetzlichen Qualitätsvorgaben erfüllt. Dieses Frischwasser führen die Wissenschaftler dem Wertstoffkreislauf wieder gezielt zu. Alles in allem stofflich, energetisch und monetär eine runde Sache.

 

Ausgezeichnet – ausgezeichnet!

Für Sachsenmilch hat sich die Zusammenarbeit gelohnt. Was im Kleinen konzipiert wurde, soll nun im laufenden Produktionsprozess die Effizienz steigern und Wertstoffe intelligent recyceln.

Das Verfahrenskonzept wurde just mit dem »agra-Preis der Innovation« in der Kategorie Ernährungswissenschaft ausgezeichnet. Darauf sind wir stolz, denn es zeigt uns einmal mehr die Relevanz des Themas.

Aber nicht nur Molkereien sollen von diesem Wertschöpfungskreislauf profitieren. Ziel muss es sein, ihn und weitere Modelle auf andere industrielle Reststoffströme zu übertragen. Sie könnten sich vorstellen auch in Ihrem Unternehmen einen nachhaltigen Verwertungskreislauf umzusetzen? Sprechen Sie uns an: Schreiben Sie uns auf Facebook, Twitter oder per Mail. Genug Potenzial bietet der Ansatz. Wir sind gespannt, worin Sie es sehen.