Hybride und abbaubare Biokeramiken als Kieferknochenimplantate

Forschung aktuell

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Hybrid-Knochen-Testbauteile.
© Universitätsmedizin Rostock
Lebend-tot-Färbung; grün = lebende primäre humane Osteoblasten (Quelle: Universitätsmedizin Rostock).
© Universitätsklinikum Schleswig-Holstein
Abbau des künstlichen Implantats und Knochenneuformierung in der Defektstelle. (Quelle: Universitätsklinikum Schleswig-Holstein).

Knochendefekte im Gesichtsschädelbereich gehen häufig mit ästhetischen und funktionellen Beeinträchtigungen einher. Bislang werden zur Rekonstruktion körpereigene Knochentransplantate, z. B. vom Wadenbein oder aus dem Beckenknochen, verwendet. Diese bieten jedoch nur eine ungenügende Wiedergabe der komplexen Anatomie des Gesichtsschädels.

Neuer Ansatz für Knochenregeneration

Im Projekt »Hybrid-Bone« (04/2020–03/2023, FKZ: 03VP07633) werden personalisierbare und somit passgenaue, mechanisch stabile Knochenersatzmaterialien entwickelt. Die Kombination mit Wachstumsfaktoren im degradierbaren Teil eines Hybrid-Gerüsts stimuliert zudem eine programmierbare Knochenregeneration. Der Hybrid-Knochen besteht aus additiv gefertigten, lastaufnehmenden Stützstreben, die mit porösem Schaum verfüllt sind. Die Schaumstruktur dient als bioabbaubare Leitstruktur dem Einwachsen von Zellen.

Vielversprechende Materialkombination

Als biokeramische Materialien werden degradierbares Tricalciumphosphat (TCP) und bioinertes Zirkondioxid eingesetzt. Für die additive Fertigung wurde das CerAM VPP-Verfahren ausgewählt (Ceramic Additive Manufacturing Vat Photopolymerisation) und zur Herstellung der druckbelastbaren Stützstreben aus einem TCP-ZrO2-Kompositmaterial eingesetzt. Zur späteren Schrauben-Fixierung im Knochen wurden Bohrlöcher vorgesehen (Bild oben, Implantatgröße 20 x 12 mm; H x ø). Der keramische Schaum wurde aus TCP über die sogenannte Gefrierschäumung hergestellt. Ein solcher TCP-Gefrierschaum verfügt über offene und miteinander verbundene Poren. Damit kann er zum einen vom Körper abgebaut werden und zum anderen gleichzeitig eine Knochenneubildung an eben jener Stelle bewirken.

An den hybriden Test-Scaffolds ist anhand von In-vitro-Analysen eine gute Biokompatibilität nachgewiesen worden: Das Bild in der Mitte zeigt lebende primäre humane Osteoblasten im Hybrid-Knochen. Genexpressionsdaten der primären Osteoblasten, kultiviert auf verschiedenen Materialien, zeigen im Vergleich zur Referenz (Bio-Oss® Spongiosa Blocks, Geistlich Pharma AG), dass die osteogenen Marker Runx2 und COL1A1 vergleichbar denen der Referenz exprimiert werden. Ergebnisse des ersten In-vivo-Tests zeigten, dass bereits innerhalb von drei Monaten das künstliche Scaffold abgebaut wurde und sich körpereigener Knochen an derselben Stelle neu bildete (Bild unten).

Mit diesen hervorragenden biokompatiblen Eigenschaften werden die Knochenersatzmaterialien technisch weiterentwickelt, so dass die natürliche Kraftverteilung im jeweiligen Knochen berücksichtigt und der Biomechanik mehr Rechnung getragen wird. Kau- und Muskelkräfte spielen eine große Rolle bei den immerwährenden Auf- und Abbauvorgängen von Knochengewebe. Aktuell werden an Schweinekiefer angepasste, größere Hybrid-Knochen (ca. 50 x 50 x 20 mm³) angefertigt und anschließend in vitro und in vivo evaluiert.

Zum Projektende soll ein humaner personalisierter Kieferknochen zum potenziellen Einsatz im Patienten gefertigt sein.