Biokeramik mit eingebetteten Leiterbahnen durch Kaltsintern

Forschung aktuell

© Fraunhofer IKTS
Biokeramik mit eingebetteter Goldlinie, hergestellt durch Kaltsintern und Tintenstrahldruck.
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Nanostruktur einer kaltgesinterten Biokeramik.
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Druckfestigkeiten exemplarischer CSP-Biokeramiken.

Biokeramiken bei niedrigen Temperaturen sintern

 

Durch Kaltsintern lässt sich das Anwendungspotenzial funktio­nalisierter Keramiken und Verbundwerkstoffe auf Keramikbasis erheblich erweitern. Während beim herkömmlichen Sintern Temperaturen von über 1300 °C erforderlich sind, liegt die Ver­arbeitungstemperatur beim Kaltsintern typischerweise deutlich unter 300 °C. Das ist möglich, weil hohe Pressdrücke einge­setzt werden. Durch die viel niedrigeren Temperaturen können der Energieverbrauch um den Faktor 10 gesenkt, die Verarbei­tungszeit verkürzt und der CO2-Ausstoß verringert werden – das macht das Kaltsintern zu einer attraktiven Option für die Entwicklung neuartiger Werkstoffe.

Zudem ermöglicht das Kaltsintern das simultane Sintern ver­schiedenster Materialien, die bislang mittels herkömmlicher Sintertechnik nicht realisierbar sind. Das schließt eine Bandbreite von Keramiken, Metallen und insbesondere auch Polymeren ein. Durch stoffschlüssige Kombination dieser unterschiedli­chen Materialgruppen bieten sich neue Möglichkeiten der Funktionalität mit erheblichen Vorteilen für die Entwicklung von Biomaterialien. Dazu zählt bspw. die Integration tempera­turempfindlicher biologischer Zusatzstoffe oder Arzneimittel in dichte Biokeramiken oder Biometalle, ohne deren strukturelle Integrität oder Wirksamkeit zu beeinträchtigen. Ein weiteres Beispiel ist das direkte Einbringen biokompatibler Metalle, wie Gold oder Platin, in die Biokeramikmatrix, z. B. in Form von Elektroden oder elektrischen Leiterbahnen.

 

Integrierte Leiterbahnen

 

So ist es gelungen, eine Biokeramik auf Hydroxylapatit (HAp)- Basis mit darin eingebetteten elektrisch leitfähigen Bahnen durch Tintenstrahldruck und Kaltsintern herzustellen (Abb. 1). Ausgangsmaterial ist ein selbstentwickeltes HAp-Kompositpul­ver aus sehr feinen HAp-Nanokristallen, die mit einer Gelatine­matrix verwoben sind. Nach dem Kaltsintern erreicht diese Bio­keramik eine Dichte von nahezu 99 % (Abb. 2).

Dank der einzigartigen Kombination von Gelatine (denaturiertes Kollagen) und synthetisch hergestelltem HAp sowie der Verarbeitung bei niedrigen Temperaturen konnte eine Biokeramik mit knochenähnlichen mechanischen Eigenschaften her­gestellt werden, die Druckfestigkeiten von fast 200 MPa und duktiles Verhalten aufweist (Abb. 3).

Für die Integration von Leiterbahnen in die Biokeramik wurde eine vom Fraunhofer IKTS entwickelte Gold-Nanotinte verwen­det. Diese ist Inkjet-verdruckbar, bereits bei geringen Tempera­turen von unter 200 °C elektrisch leitfähig und führt zu nach­weislich biokompatiblen Leiterbahnen. Eine solche Material­kombination wäre mit herkömmlichen Dickschichtpasten der keramischen Multilayerkeramik (LTCC, HTCC) nicht darstellbar, da diese erst bei hohen Temperaturen von über 700 °C sintern. Zudem bietet Kaltsintern weitere Vorteile, da hierbei auch die Notwendigkeit einer thermischen Entbinderung von Folien- oder Pastenbindern entfällt.

Da Kaltsintern bereits bei 50 °C durchgeführt werden kann, bietet es die Möglichkeit, temperatursensible bioaktive Sub-stanzen zu verarbeiten. Damit soll dieser Ansatz bei der Entwicklung neuartiger funktioneller Implantate helfen, die u. a. die Übertragung und Steuerung elektrischer Muskelsignale durch mehrlagige Biokeramik-Implantate ermöglichen.

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