Kalzifizierung von Herzklappen – In-vitro-Charakterisierung und Prävention

Projekt

© Fraunhofer IKTS
Biologische Herzklappe aus Rinder-(Klappen) und Schweineperikard (Gerüst-Beschichtung).
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Verschlechterung der Herzklappenfunktion durch Verkalkung als Ergebnis eines In-vitro-Kalzifizierungstests.

Die Aortenklappenstenose, also die Verengung des Abflusstrakts gehört neben der Mitralklappeninsuffizienz zu den häufigsten Herzklappen-Erkrankungen. Weltweit werden heute 300 000 bis 400 000 Operationen zum Ersatz der Herzklappen durchgeführt. Dabei wird zwischen mechanischen und biologi­schen Herzklappen-Prothesen unterschieden. Biologische Klap­pen bieten eine höhere Zehnjahres-Patientenüberlebensrate, kommen ohne die Antikoagulationstherapie aus und arbeiten geräuschlos. Nachteilig ist jedoch die beschränkte Lebensdauer (durchschnittlich 12 Jahre), weil Verkalkung und Materialermü­dung die Funktionsfähigkeit der Klappensegel beeinträchtigen.

Chemische Vorbehandlung gegen Kalzifizierung

Im Rahmen einer Masterarbeit am Fraunhofer IKTS wurden neue chemische Vorbehandlungen untersucht, die die Kalzifizierung von porcinen Herzklappen-Bioprothesen verhindern sollen. Dafür wurde Perikard-Gewebe als Basismaterial ausgewählt und zur Stabilisierung mit Wirksoff-Molekülen vernetzt. Im Gegensatz zur klassischen Vernetzung mit Glutaraldehyd kam Diepoxid zum Einsatz. Die Vernetzung erfolgte mit und ohne Immobilisierung von Bisphosphonaten.

Humane Herzklappen funktionieren in einer komplexen Inter­aktion von anatomisch-strukturellen Eigenschaften mit Umge­bungsbedingungen, die durch die anatomische Lage der Klappe und die Pumpfunktion des Herzens bestimmt sind. Kalzifizierung entsteht, wenn sich kristallines Hydroxylapatit ablagert. Diese Langzeitkomplikation lässt sich nur unter erheblichem zeitlichen und experimentellen Aufwand im Labor untersuchen.

Für die Analyse der Proben wurden zwei beschleunigte fluid­dynamische In-vitro-Kalzifizierungstests genutzt. Als Beschleu­nigungsfaktoren dienen Kalzifizierungsfluids mit einer modifi­zierten Elektrolytkonzentration (erhöhte Calcium- und Phosphat­konzentration im Vergleich zum humanen Blutplasma) sowie eine hohe zyklische Belastung. Der pH-Wert der Lösung ist gepuffert und entspricht dem des humanen Blutplasmas.

Großes Potenzial für Bisphosphonate

Die kalzifizierten Herzklappen wurden nach sechs- bis achtwöchigem Dauerversuch mit klassischen Verfahren, wie Raster­elektronenmikroskopie (REM), Raman-Spektroskopie und Mikro­computertomographie (μCT) untersucht. Die Ergebnisse zeigen eine vielversprechende Wirkung von Bisphosphonaten gegen die Kalzifizierung von Herzklappenersatz. Diese Antikalzifizie­rungsvorbehandlung muss jedoch noch in weiteren In-vitro- und In-vivo-Tests sowie in klinischen Experimenten bestätigt werden.

Die Arbeit entstand in Zusammenarbeit mit dem Institut für Angewandte Medizintechnik, Rheinisch-Westfälische Techni-sche Hochschule Aachen und dem Meshalkin National Medical Research Center in Novosibirsk (Russland).